Inklusion im Kreis Viersen Inklusion bleibt ein Reizthema

Kreis Viersen. · Im Herbst hatte die Gesamtschule Nettetal einen Brandbrief nach Düsseldorf geschickt. Hat sich seitdem etwas verändert?

 Bei der Inklusion geht es nicht nur um körperbehinderte Schulkinder, sondern auch um Jungen und Mädchen mit verschiedenen Lernschwierigkeiten.

Bei der Inklusion geht es nicht nur um körperbehinderte Schulkinder, sondern auch um Jungen und Mädchen mit verschiedenen Lernschwierigkeiten.

Foto: dpa/Holger Hollemann

Inklusion bezeichnet das gemeinsame Lernen von Schülern mit und ohne Behinderung und ist neben der Integration eine der größten Herausforderungen, vor der die Schulen in NRW stehen. Damit die Kinder angemessen gefördert und betreut werden, liegt der Schlüssel vor allem in zusätzlichen Fachkräften für Sonderpädagogik und Sozialarbeit. Das Problem: Genau diese zusätzlichen Fachkräfte fehlen häufig.

In diesem Monat melden die Eltern ihre Viertklässler auf einer weiterführenden Schule an. In Nettetal sind die Anmeldetage von Montag bis Mittwoch, 10. bis 12. Februar. Im Herbst 2019 hatte die Gesamtschule Nettetal noch einen „blauen Brief“ an die Bezirksregierung Düsseldorf geschrieben. Schulleiter Leo Gielkens teilte im Oktober den Eltern mit, dass sich seit Schuljahresbeginn die personelle Situation im Bereich der Inklusion deutlich verschlechtert habe. Durch die Versetzung einer Kollegin und die nicht erfolgte Besetzung von drei Sonderpädagogik-Stellen sei die Schule beim Personal in den Unterhang gerutscht. Damals erwiderte die Bezirksregierung, zurzeit seien zwei Stellen für Sonderpädagogik an der Schule ausgeschrieben.

Erneut bei der Gesamtschule nachgefragt, gibt es eine leichte Entwarnung. Schulleiter Gielkens hat zwar zwei neue Kollegen für Schüler mit Förderbedarf eingestellt: einen Sozialarbeiter und eine A13S-Stelle, also einen Regelschullehrer. Aber neue Sonderpädagogen hat die Gesamtschule nicht bekommen.

Unbesetzte Stellen: Es gibt
zu wenig Sonderpädagogen

Im vergangenen Schuljahr war besonders von der Realschule kritisiert worden, dass sie mehr Schüler mit Hauptschulempfehlung aufnehmen musste als die Gesamtschule. Für das neue Schuljahr kündigte Schulleiter Joachim Sczyrba für die Verteilung dieser Schüler eine Parität mit der Gesamtschule an. Insgesamt wurden 107 Schüler an der Realschule angemeldet, die Gesamtschule nahm 108 Schüler auf.

Das gemeinsame Lernen findet an fast allen Grund- und weiterführenden Schulen statt, ein neuer Runderlass sieht dies ab dem aktuellen Schuljahr jedoch nicht mehr verpflichtend für Gymnasien vor. Auch die Gesamtschule Brüggen-Bracht und das Gymnasium St. Wolfhelm in Waldniel sammelten bisher Erfahrungen mit Inklusion. Derzeit besitzen 50 von 850 Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule Förderbedarf, wobei der Schwerpunkt in den Bereichen Schwerhörige und Lernen liegt, aber auch Kinder mit Beeinträchtigungen in der emotional-sozialen oder körperlichen Entwicklung gehören dazu. Drei Sonderpädagoginnen und eine Sozialarbeiterin sind fest beschäftigt, hinzu kommen drei Teilzeitstellen. Die Fachkräfte unterstützen die Lehrer und Schüler durch Betreuung, angepasste Aufgaben und Beratung. Problem dort: Zwei weitere benötigte Posten konnten trotz Ausschreibung nicht besetzt werden. „Die derzeitige Personaldecke ist sehr dünn und kann eine umfassende Begleitung der Schülerinnen und Schüler mit Förderschwerpunkt nicht gewährleisten“, stellt Schulleiter Heiko Glade fest. Zwar würden alle Beteiligten mithelfen, damit die Inklusion gelänge, dennoch sei der Besuch einer Förderschule unter den schwierigen Bedingungen oft die sinnvollere Alternative. „Ich sehe großen Handlungsbedarf in der aktuellen Politik, aber auch in der Gesellschaft. Inklusion bedeutet nicht Integration in ausgewählten Teilbereichen, sondern Teilhabemöglichkeit auf allen gesellschaftlichen Ebenen“, betont der Leiter der Gesamtschule Brüggen-Bracht.

Auch am Gymnasium St. Wolfhelm gibt es in den Jahrgängen 6 und 7 jeweils eine Inklusionsklasse mit Schülern, die Schwierigkeiten beim Lernen oder der sozial-emotionalen Entwicklung haben. Unabhängig davon besuchen immer wieder Schüler mit Autismus die Regelklassen. Die Inklusionskinder werden von einem Sonderpädagogen begleitet, der die Schüler vor allem in den Hauptfächern unterstützt, zudem engagieren sich auch die anderen Lehrkräfte in dem Bereich. Dennoch zeigen sich die Schwierigkeiten, die Ansprüche an eine volle Inklusion und das gymnasiale Lernen zu erfüllen. Vom aktuellen Fünfer-Jahrgang an gibt es jedoch keine speziellen Inklusionsklassen mehr, die bestehenden laufen aber weiter.

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