Umstrittener Einsatz Tödliche Polizei-Schüsse in Dortmund: Tonaufnahme geht bis Schussabgabe

Dortmund · Von dem Polizeieinsatz in Dortmund, bei dem ein Jugendlicher erschossen wurde, liegt ein Tonmitschnitt vom Notruf bis einschließlich der Schussabgabe vor. Die SPD sieht noch einen langen Weg zu einer transparenten Aufklärung.

Benjamin Limbach kommt zur Sitzung des Rechtsausschusses.

Benjamin Limbach kommt zur Sitzung des Rechtsausschusses.

Von dem Polizeieinsatz in Dortmund, bei dem ein Jugendlicher erschossen wurde, liegt ein Tonmitschnitt vom Notruf bis einschließlich der Schussabgabe vor. Das hat NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Mittwoch dem Rechtsausschuss des Landtags berichtet. Der Mitschnitt werde gerade vom Bundeskriminalamt ausgewertet.

Ob die Maschinenpistole, aus der die Schüsse abgefeuert wurden, auf Dauer- oder Einzelfeuer gestellt war, dazu liege ihm noch nichts vor, sagte Limbach. Er sei um „größtmögliche Transparenz“ bemüht. Bei einer Reihe von Fragen verwies er dennoch darauf, dass er dem Ausschuss darüber nur in nicht-öffentlicher Sitzung berichten könne, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.

Limbach enthielt sich ausdrücklich einer Bewertung zur Verhältnismäßigkeit des Einsatzes. Dies sei die strafrechtliche Kernfrage und bleibe dem Abschluss der Ermittlungen und der Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht vorbehalten. Der Ausschuss war wegen des umstrittenen Einsatzes zu einer Sondersitzung zusammen gekommen.

Von der SPD-Fraktion, die die Sitzung beantragt hatte, hieß es, der Weg bis zu einer transparenten Aufklärung des Falls sei noch weit.

Vor vier Wochen war ein 16 Jahre alter Flüchtling aus dem Senegal in Dortmund von einem Polizisten erschossen worden. Zuletzt hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen neben dem suspendierten Todesschützen auf vier weitere Beamte ausgeweitet.

Der Polizist hatte laut bisher bekanntem Ermittlungsstand sechs Mal mit einer Maschinenpistole auf den Jugendlichen geschossen. Der 16-Jährige starb, getroffen von vier Projektilen, im Krankenhaus. Die kritische Frage ist, ob und wie der Jugendliche mit einem Messer auf die Beamten zugegangen ist.

Zeugenaussagen zufolge hatte der Senegalese auf dem Boden gekauert und das Messer gegen sich selbst gerichtet, als die Polizei eintraf. Der Notruf war gegen 16.25 Uhr eingegangen. Der Tod des 16-Jährigen war um 18.02 Uhr in einer Dortmunder Klinik festgestellt worden.

Wie viele Minuten der Tonmitschnitt umfasst, ließ Limbach offen. Die Polizei war am 8. August zum Innenhof einer Jugendhilfeeinrichtung im Dortmunder Norden gerufen worden, in dem sich der 16-Jährige ein Messer mit einer 15 bis 20 Zentimeter langen Klinge an den Bauch hielt. Der Einsatz lief daher zunächst als Einschreiten bei einem Suizidversuch.

Der 16-Jährige war zuerst mit Pfefferspray besprüht und, als er aufsprang und sich auf die Polizisten zubewegte, mit Distanzelektroschockern, sogenannten Tasern, beschossen worden. Dann fielen die Schüsse aus der Maschinenpistole. Gegen den Einsatzleiter wird wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung im Amt ermittelt.

Man sehe die Verhältnismäßigkeit bei dem Einsatz nicht gewahrt, hatte Oberstaatsanwalt Carsten Dombert gesagt. „Die Lage war statisch. Der Jugendliche saß da und tat nichts.“

(dpa)
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