Hospiz in Neuss: Die Arbeit an der Grenze des Lebens

Das Team um Schwester Maria Goretti bietet am Kloster Immaculata acht Schwerstkranken Platz und Fürsorge.

Neuss. Ein schlichter Stein trägt die Botschaft, die an diesem Ort eine ganz besondere Bedeutung erhält. "Der Tod ist die Grenze des Lebens", ist darauf geschrieben, und: "Aber nicht das Ende der Liebe." Der Stein liegt mit anderen, die ebenfalls sehr persönliche Nachrichten tragen, in der kleinen Kapelle des Hospizes am Kloster Immaculata.

Seit nunmehr 13 Jahren werden hier Schwerstkranke betreut, gepflegt und in den Tod begleitet. Von Beginn an leitet Schwester Maria Goretti die Einrichtung. "Sie ist immer froh", sagt die Oberin des Klosters, Schwester Adelheid, Das mag an diesem Platz nur beim ersten Hinhören merkwürdig klingen.

Es scheint, als könne Schwester Maria Goretti über alle Patienten erzählen. Viele haben in dem Hospiz, das seit der Erweiterung im vergangenen Jahr acht Schwerstkranken Platz bietet, Spuren hinterlassen. Es gibt Fotos, Gemälde. Und einen Clown. Ein Obdachloser, der nicht mehr sprechen konnte, hat es der Schwester in einem Brief geschrieben: Sein Clown sollte einen Ehrenplatz erhalten. Er hat ihn bis heute im Aufenthaltsraum.

Er war nicht der einzige Obdachlose, der hier, umsorgt und liebevoll betreut, seine letzte Zeit verbrachte. Einen haben seine Kumpels aus dem Bauwagen gebracht, berichtet die Hopizleiterin. "Sie haben gesagt, der kann nicht mehr, und das stimmte." An der Augustinusstraße wurde er aufgenommen wie die anderen Patienten: Todkranke aus Krankenhäusern, die als "austherapiert" gelten, Heimbewohner, auch jüngere und junge Menschen, die hier dem Tod entgegengehen.

Ein Vater brachte seinen 14-jährigen krebskranken Jungen: Er hatte sich in Rumänien mit dem Ziel Deutschland ins Auto gesetzt, landete im Kloster Langwaden, dort brachte man sie nach Neuss.

"Wir haben gleich beide aufgenommen, der Vater konnte bei seinem Sohn schlafen. Beide sprachen ja kein Wort Deutsch", berichtet die Schwester. Der Jugendliche erholte sich soweit, dass er wieder essen und in seinem Bett in den kleinen Park geschoben werden konnte. Dann starb er friedlich.

Jeder werde aufgenommen, betont die Augustinerin. Herkunft oder Religion zähle ebenso wenig wie die Bereitschaft, privat zu zahlen.

Im Hospiz wird allen die Schmerztherapie zuteil, die Patienten erhalten ausreichend Flüssigkeit und Magenmedikamente. "Alle leiden unter Stress, auch wenn das nicht immer deutlich wird. Magengeschwüre aber sollen sie nicht auch noch bekommen", erklärt die agile Schwester, die früher als Krankenschwester im Johanna-Etienne-Krankenhaus arbeitete.

Natürlich steht auch ein Arzt bereit. Hinzu kommt Pflege, kommen Fürsorge und Gespräche. Ja, dabei es gehe es auch ums Sterben und den Tod. "Aber nur, wenn der Patient das wünscht", stellt die Ordensschwester klar.

Behutsam streicht sie einer Patientin über den Kopf, die kaum reagiert. 50 Jahre alt, "und es geht ihr so schlecht." Eine Besucherin geht über den Flur, kämpft mit den Tränen. Die Angehörigen machen so viel mit, sagt Schwester Maria Goretti, sie brauchten oft ebenso Zuspruch wie die Patienten.

"Sie ist immer froh." Den Ausspruch der Oberin weist die Hospizleiterin nicht zurück. Wenn ein Patient das Lächeln wieder lerne, sei das für sie wie für ihr Team "einfach eine große Freude". Entspannen könne sie sich an der Orgel. Die Grundlagen ihrer Arbeit, sagt sie, haben sich in den 13 Jahren nicht geändert. "Ich sage oft: Das Leben geht hier weiter. Und nach dem Tod geht es auch weiter. Und dann wird es ganz schön."

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