Sensibilität für das Thema Die Berufsorientierung beginnt schon in der Kita

Remscheid · Sie wollen so früh wie möglich Rollenbilder aufbrechen: Remscheider Kitas stellen Material zur Berufs- und Studienwahl vor.

 Stellten das „klischeefreie“ Infopaket zur Berufswahl vor (v. l.): Silvia Hempler, Kerstin Biedebach, Pia Jung, Britta Hartz-Sieckendieck.

Stellten das „klischeefreie“ Infopaket zur Berufswahl vor (v. l.): Silvia Hempler, Kerstin Biedebach, Pia Jung, Britta Hartz-Sieckendieck.

Foto: Roland Keusch

Sarah steuert einen Bagger, Hannah schiebt als Müllfrau Tonnen und Tom kommt mit seinem Nachwuchs am Körper und der Einkaufstüte an der Hand vom Wocheneinkauf aus dem Supermarkt zurück. Im großen Berufe-Wimmelbuch werden Klischees aufgebrochen. „Ich kann alles werden“, lautet das Motto. Frauen gehen zur Feuerwehr, Männer werden Erzieher. Das wäre eine Idealvorstellung für eine Berufswelt, die sich oft in eingefahrenen Gleisen an Rollenbildern festklammert. „Berufliche Ausbildung ist aber keine Frage des Geschlechts, sondern der Neigung und Leidenschaft“, betonte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz am Dienstag in der Kita Am Holscheidsberg bei der Vorstellung des Info-Paketes „Klischeefrei fängt früh an“, einer bundesweiten Initiative zur Berufs- und Studienwahl.

Alle 20 städtischen Kitas schließen sich an. Sie erhalten ein Säckchen mit einem Memo-Spiel, einem Wimmelbuch, Pixi-Büchlein sowie pädagogischem Begleitmaterial für die methodische Einführung bei Kindern und Eltern. Eins sei klar, stellt Angela Stubbe fest: „Wenn an Schulen in der Regel ab der achten Klasse die Berufsorientierung beginnt, ist dies laut Experten zu spät. Besser ist es, in den Grundschulen anzufangen. Oder sogar schon in den Kitas.“

Dies geschieht nun spielerisch. Angela Stubbe, Leiterin des Bildungsbüros und der Kommunalen Koordinierungsstelle, hat die Initiative bei der Stadt angestoßen. Denn: Auch nach Jahrzehnten werden Berufe weiter geschlechtertypisch gewählt. So sind männliche Jugendliche bei der dualen und weibliche Jugendliche bei der vollzeitschulischen Ausbildung überrepräsentiert.

Auch innerhalb der eingeschlagenen Ausbildung gehen beide Geschlechter weiter unterschiedliche Wege. „Fast drei Viertel der jungen Frauen und über die Hälfte der jungen Männer konzentrieren sich auf lediglich 20 duale Ausbildungsberufe, obwohl im dualen System fast 330 Ausbildungsberufe zur Verfügung stehen“, heißt es in einer städtischen Presseerklärung zu „Klischeefrei“.

Auch die Eltern sollen Sensibilität für das Thema entwickeln

Dass es Erzieher und Erzieherinnen gibt, die vermitteln, dass Berufe später allen offen stehen, sei nicht neu, erklärt Kerstin Biedebach, Fachberaterin der städtischen Kitas. Das Set, das nun in jede städtische Kita wandert, findet sie interessant und hilfreich.

Es könnte zur Werbung in eigener Sache werden. Denn in den städtischen Einrichtungen arbeiten nur 19 Erzieher. Drei davon sind in der Sedanstraße, wo Leiterin Silvia Hempler die Wichtigkeit von „Klischeefrei“ bestätigt, aber auch darauf hinweist, dass es regelmäßige Kontakte zu Schulen gibt und Praktika in den Kitas gang und gäbe seien. Britta Hartz-Sieckendieck, Gastgeberin der Pressekonferenz Am Holscheidsberg, verweist auf ihre Zusammenarbeit mit dem Hastener TV und die Teilnahme an Mädchenfußballturnieren.

Wichtig sei dieses Paket für Eltern, findet Pia Jung, Leiterin der Kita Henkelshof. Bei ihnen die nötige Sensibilität zu wecken, sei eine Voraussetzung. Zu Hause würden nämlich oft die Weichen für später gestellt, Jungen und Mädchen in Rollen gepresst, die sich schon im Vorschulalter verfestigen. Jung kann sich vorstellen, Mama und Papa mit dem Ideengut der Initiative in den Elterncafés zu erreichen.

OB Burkhard Mast-Weisz hat das „Berufe-Wimmelbuch“ schon mit seinen ein und zwei Jahre alten Enkeln Tom und Jonas einem kleinen Test unterzogen. Mit Erfolg. Beim Anblick der Feuerwehrfrau, die eine Katze aus einem Baumwipfel rettet, stieß der Opa auf begeisterte Resonanz.

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