NRW Rats-TV soll auf unbestimmte Zeit verschoben werden

Kempen · . Operngläser seien erlaubt, sagte Bürgermeister Christoph Dellmans augenzwinkernd zu Beginn der Ratssitzung, die am Donnerstagabend, 20. Mai, in der Dreifachturnhalle an der Ludwig-Jahn-Straße stattgefunden hatte.

Und tatsächlich hätten die einen guten Dienst geleistet, saßen die Rats- und Ausschussmitglieder sowie die Mitarbeitenden der Verwaltung doch großzügig und mit gehörigem Abstand in der Halle verteilt, um die Ratssitzung corona-konform abhalten zu können.

Einen umfangreichen Diskussionsstoff bot dabei Tagesordungspunkt 7, bei dem über Durchführungen von Livestream-Übertragungen der Ratssitzungen abgestimmt werden sollte. Bereits am 25. Februar hatte der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt über einen Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 22. Januar beraten, die das Übertragen der Sitzungen per Live-Stream forderten.

Nach einer Ausarbeitung der technischen Voraussetzungen für derartige Übertragungen, insbesondere aber auch datenschutzrechtlicher Anforderungen durch die Stadtverwaltung, standen zwei Beschlussvorlagen auf der Tagesordnung. Während ein Vorschlag möglicher Übertragungen der Ratsitzungen in der Zeit nach der Sommerpause 2021 vorsah - anfallende Kosten dafür wurden mit rund 1500 Euro pro Übertragung beziffert - sah Vorschlag zwei die Zurückstellung der Übertragungen vor, bis nach der Corona-Pandemie ein fester Sitzungsort gefunden ist.

Während Günter Solecki, stellvertretender Vorsitzender Fraktion ÖDP-LINKE, der Meinung war, dass der vorgestellte technische Aufwand nicht gerechtfertigt und zu teuer sei und er eine zunächst kleine Variante mit nur einer Kamera favorisiere, äußerte Hans Joachim Herbst, CDU-Fraktionsvorsitzender, generelle Bedenken. Er erachte das Interesse in der Bevölkerung als zu gering, als dass er unter aktuellen Bedingungen keine Perspektive für ein Rats-TV sähe. Auch Andreas Gareißen, Fraktionsvorsitzender der SPD, betonte, dass der Vorschlag einer Übertragung lange in seiner Partei diskutiert worden sei. Auch er sähe derzeit kein großes Interesse der Bevölkerung an einem Rats-TV, zumal die Besucherzahlen der Übertragungen umliegender Städte und Gemeinden nach den ersten Sitzungen rapide abgenommen hätten, dafür aber ein umso größeres Problem mit dem Datenschutz. Denn bei der Übertragung einer Sitzung aus dem gesamten Ratssaal müsse tatsächlich jedes Ratsmitglied eine Einwilligung zur Übertragung abgeben.

Fraktionsvorsitzender Joachim Straeten von  Bündnis 90 / Die Grünen bedauerte schließlich, dass in der Diskussion ausschließlich die Bedürfnisse der Ratsmitglieder, nicht jedoch die Wünsche potentieller Nutzer der Live-Übertragungen besprochen und berücksichtigt worden seien. Der Rat einigte sich schließlich mit 26 zu 22 Stimmen darauf, Live-Übertragungen von Sitzungen des Rates vorerst zurückzustellen. Sobald der Rat nach Ende der Pandemie einen festen Sitzungsort gefunden habe, solle das Konzept - dann auf den neuen Ort ausgerichtet - aktualisiert und erneut als Beschlussvorschlag vorgelegt werden.

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