Frau muss neben ihrem toten Mann ausharren

Eine über 80-Jährige musste Stunden warten. Ein Notarzt hatte ihren Gatten nicht retten können, wollte dann aber keinen Totenschein ausfüllen.

Mönchengladbach. Ein Notruf, ein Notarzt-Einsatz, ein Mensch, der nicht mehr zu retten ist. Soweit ist die Geschichte, die sich am Wochenende in Mönchengladbach zugetragen hat, nicht ungewöhnlich. Aber eine über 80 Jahre alte Mönchengladbacherin musste danach Stunden neben ihrem toten Mann warten, konnte kein Beerdigungsinstitut beauftragen, weil sie keinen Totenschein bekommen hatte. Den muss ein Mediziner ausfüllen. Der alarmierte Notarzt soll sich aber geweigert haben, ihn auszustellen.

Immer wieder passiert das in der Stadt. Für die Angehörigen ist es eine zusätzliche Härte nach dem persönlichen Verlust. Der Grund für lange Wartezeiten sind nach Recherchen der WZ Unsicherheiten einiger Mediziner angesichts des geänderten Gesetzes über das Leichenwesen.

Das Ministerium hatte vor fünf Jahren entschieden, grundsätzlich müssten Notärzte das Ausstellen des Totenscheins nicht mehr übernehmen. Oft stehen die Ärzte unter Zeitdruck. Der nächste Notfall sitzt ihnen im Nacken. Der noch lebende Mensch ist erst mal wichtiger als der tote. Die Leichenschau dauert ihre Zeit. Vor allem, um zu verhindern, dass unter Zeitdruck ein natürlicher Tod bescheinigt wird, wenn es vielleicht nicht der Fall war, sollten die Notärzte entlastet werden.

Allerdings sieht das Gesetz vor, dass die Notärzte dann einen anderen Arzt vom ambulanten ärztlichen Notdienst informieren. Der soll sich im aktuellen Fall aber ebenfalls geweigert haben, sich um die Nöte der Mönchengladbacherin zu kümmern.

Probleme dieser Art sind auch immer wieder Stoff für Gespräche zwischen Polizei, Feuerwehr und Notdiensten, werden aber nach fünf Jahren mit dem neuen Gesetz als Einzelfälle gesehen. Grundsätzlich sieht die Mönchengladbacher Polizei die Rechtslage positiv.

Kriminalhauptkommissar Michael Götze vom für Kapitaldelikte zuständigen Kriminalkommissariat 11, gibt einen viel zitierten Satz von Todesermittlern wieder: "Wenn auf den Gräbern aller Ermordeten ein Lichtlein stünde, wären die Friedhöfe hell erleuchtet." Weil Ärzte, die nicht regelmäßig Leichen begutachten, womöglich Spuren von Fremdeinwirkung übersehen könnten, hat das Gladbacher KK 11 sogar einen Notdienst eingerichtet.

Die Beamten fahren auch nachts und am Wochenende zu jedem Todesfall raus, der als ungeklärt oder nicht natürlich eingestuft wird. Das ist landesweit einzigartig. Die Polizisten hoffen so, zu verhindern, dass Spuren später nicht mehr zu retten sind. Zum Beispiel, wenn sich erst nach einer Obduktion der Verdacht auf ein Tötungsdelikt ergibt.

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