Neuer CDU-Landesparteichef Laschet-Nachfolge in NRW bleibt offen - SPD fordert Rücktritt

Düsseldorf · Die NRW-CDU will erst nach der Bundestagswahl über die Nachfolge von Armin Laschet als Landesparteichef entscheiden. Die Idee dahinter: Jetzt kein Personalstreit, sondern alle Kräfte auf die Bundestagswahl konzentrieren. Ob das gelingt?

 Das Rennen um die Nachfolge von Armin Laschet als Parteichef der nordrhein-westfälischen CDU bleibt offen.

Das Rennen um die Nachfolge von Armin Laschet als Parteichef der nordrhein-westfälischen CDU bleibt offen.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Das Rennen um die Nachfolge von Armin Laschet als Parteichef der nordrhein-westfälischen CDU bleibt offen. Nachdem der Landesvorstand am Montagabend entschieden hatte, die Frage erst bei einem Landesparteitag am 23. Oktober zu klären, drohen weitere Personaldiskussionen bis zur Bundestagswahl.

Einen Kandidatenvorschlag machte der CDU-Landesvorstand in seiner digitalen Sitzung nicht. Viele Christdemokraten favorisieren eine Lösung, die die Nachfolge Laschets im Partei- und Regierungsamt weiterhin in einer Hand belässt.

Ob die CDU überhaupt in den Genuss kommt, nach der Landtagswahl am 15. Mai noch einen Ministerpräsidenten zu stellen, ist indes keinesfalls sicher. Laut dem am Dienstag veröffentlichten NRW-Trend eines Meinungsforschungsinstituts für die „Bild“-Zeitung läge die CDU mit nur 25 Prozent einen Punkt hinter den Grünen, wenn jetzt Landtagswahl wäre. Demnach hätte sie keine schwarz-gelbe Regierungsmehrheit mehr und könnte überhaupt nur noch in einer Koalition mit SPD und FDP wieder einen Ministerpräsidenten stellen.

Derzeit ist Laschet gleichzeitig Ministerpräsident, Bundes- und Landeschef der CDU und neuerdings auch Kanzlerkandidat der Union. Oppositionsführer Thomas Kutschaty forderte den 60-Jährigen auf, sofort als Regierungschef zurückzutreten. „Die Corona-Pandemie verlangt volle Konzentration und ganzen Einsatz für NRW“, sagte der Vorsitzende der NRW-SPD der „Süddeutschen Zeitung“. Als „halber Ministerpräsident“ könne Laschet dieser Aufgabe nicht gerecht werden.

Einige Christdemokraten hatten in den vergangenen Tagen für einen zügigen Parteitag geworben, um schnell personelle Klarheit zu schaffen und eine monatelange Hängepartie zu verhindern. Wegen der Pandemie sei derzeit aber noch kein Präsenzparteitag mit rund 1000 Personen möglich, begründete der Generalsekretär der NRW-CDU, Josef Hovenjürgen, die Entscheidung für den späten Parteitagstermin.

Schon in der vergangenen Woche hatten sich immer mehr Christdemokraten hinter verschiedene Führungspersönlichkeiten in der Partei gestellt. Ob die in Frage kommenden Aspiranten nun viereinhalb Monate bis zur Bundestagswahl die Füße still halten werden, darf bezweifelt werden.

Da Laschet sich bereits festgelegt hat, auch im Falle eines Misserfolgs bei der Bundestagswahl in Berlin bleiben zu wollen, braucht die CDU nicht nur einen neuen Landesparteichef, sondern nach der Bundestagswahl zunächst auch einen Interims-Ministerpräsidenten bis zur NRW-Landtagswahl im Mai 2022. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst gilt als aussichtsreichster Kandidat für beide Führungspositionen in Regierung und Partei. Bislang hat der studierte Jurist seine Bereitschaft zwar noch nicht offiziell erklärt, macht in vielen diplomatischen Wendungen aber durchaus klar, dass er bereit steht. Allerdings ist der 45-Jährige in der Partei nicht unumstritten.

In seiner Zeit als Generalsekretär der NRW-CDU unter Landesparteichef Jürgen Rüttgers (2006 bis 2010) machte Wüst mit raubeinigen Attacken auf die damalige SPD-Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2010, Hannelore Kraft, von sich reden. Im Februar 2010 trat er von seinem Amt zurück, nachdem Sponsoren gegen Geld Gespräche mit Rüttgers angeboten worden waren und die Regierungspartei damit dem Vorwurf der Käuflichkeit ausgesetzt war. Wüst versicherte damals, er habe von der Aktion nichtsgewusst. Die Affäre wurde unter dem Titel „Rent-a-Rüttgers“ bekannt.

Hohe innerparteiliche Autorität und damit ebenfalls Chancen auf den Chefsessel in der NRW-CDU werden NRW-Innenminister Herbert Reul zugeschrieben. Der studierte Lehrer gilt als einer der engsten politischen Vertrauten Laschets. Anders als Wüst steht der 68-Jährige zwar nicht für Generationswechsel, gilt Wüst-Kritikern aber als Gegengewicht zu dem forschen 45-Jährigen - zumal, wenn der Ministerpräsident werden sollte.

Reul, der schon als Gymnasiast vor 50 Jahren in die Partei eingetreten war, ist ein Urgestein der CDU und kennt den Landesverband vor allem aus seiner Zeit als langjähriger Generalsekretär (1991 bis 2003) aus dem Effeff. Reuls überraschende Berufung in sein Kabinett hatte Laschet 2017 mit den Worten begründet: „Ich habe eine Persönlichkeit gesucht, die große politische Erfahrung hat und die in Krisensituationen klug und besonnen reagieren kann.“

Da Reul kein Landtagsmandat hat, kommt er allerdings nicht als Interims-Ministerpräsident infrage, da dies laut Landesverfassung Voraussetzung wäre. Dies gilt derzeit auch für die stellvertretende Landesparteichefin und Bauministerin Ina Scharrenbach, die auch Landesvorsitzende der Frauen Union ist. Die ehrgeizige 44-Jährige, die sich bereits für Reul als Landesparteichef ausgesprochen hat, könnte aber zur Landtagswahl 2022 in die erste Reihe aufrücken.

Eher Außenseiter-Chancen werden CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen, Finanzminister Lutz Lienenkämper und Landtagspräsident André Kuper (CDU) auf den Regierungschefsessel eingeräumt. Bislang hat keine einflussreiche Parteigliederung sich für einen von ihnen positioniert.

Am 5. Juni will die NRW-CDU nun zunächst bei einer Versammlung in Düsseldorf ihre Kandidatenliste für die Bundestagswahl aufstellen. Ob Laschet dort für Platz 1 kandidiert oder das Direktmandat in seinem Heimatkreisverband Aachen anstrebt, ist noch offen.

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