Serie: Hilfe aus Tönisvorst (2) Was beim Medikamenten-Transport wichtig ist

Tönisvorst. · Action Medeor liefert Medikamente von Vorst aus in die Welt. Die Qualitätssicherung beginnt bei den Ausgangsstoffen.

 Die Mitarbeiter von Action Medeor prüfen in aller Welt die Prozesse von der Produktion bis zur Auslieferung, wie hier in Tansania.

Die Mitarbeiter von Action Medeor prüfen in aller Welt die Prozesse von der Produktion bis zur Auslieferung, wie hier in Tansania.

Foto: Action Medeor

Wenn Irmgard Buchkremer über die Organisation der Produktion und Distribution der Medikamente redet, die Action Medeor aus Tönisvorst in alle Welt liefert, ist ihr die Begeisterung für ihre Arbeit anzumerken. „Unser Ziel ist eigentlich, dass wir uns selbst überflüssig machen“, erzählt die studierte Pharmazeutin mit einem Master in Arzneimittelrecht.

Doch bis dieses Ziel erreicht ist, stehen ihr, ihrem Team und vielen anderen Menschen noch viel Arbeit bevor. „Wir überwachen lückenlos alle Komponenten unserer Medikamente“, sagt sie. Die Qualitätssicherung beginne bei den Ausgangsstoffen, die in den Produkten verarbeitet werden. Dann müsse der Produktionsprozess in aller Welt – Action Medeor produziert in Indien, in China und einigen anderen Ländern – überwacht werden. Und danach stehe der Transport an. „Auch hier kann einiges schiefgehen“, sagt Buchkremer.

Was sich zunächst nach einem Nebenpunkt anhört, kann schnell zu einer sehr wichtigen Komponente werden. „Bei Arzneimitteln ist vor allem die Temperatur ganz entscheidend. Wenn die Mittel beim Transport zu heiß werden, kann der Wirkstoff zerfallen“, sagt Buchkremer. Aber auch zu niedrige Temperaturen seien problematisch. „Es gab einmal einen Fall eines Medikaments, das bei 18 Grad gelagert werden musste.

Der Spediteur hatte die Klimatisierung des Containers falsch eingestellt – auf minus 18 Grad. Das bemerkte er auf hoher See und stellte die Temperatur richtig ein. Als es ankam, war alles verschimmelt. So etwas kommt vor, aber die Ware muss vernichtet werden“, sagt die Pharmazeutin.

Für Arzneimittel gibt es einen internationalen Standard, die Good Manufacturing Practice (GMP). „Diese wird eigentlich weltweit eingehalten. Die Standards sind überall gleich, wenn auch die Interpretation in manchen Ländern unterschiedlich ausfällt“, sagt Buchkremer schmunzelnd. In Asien herrsche ein hohes Niveau. „Die Unternehmen arbeiten dort sehr exakt. In Afrika ist es hier und da noch etwas schwieriger. Aber auch hier sind unsere Partner auf einem guten Wege“, erzählt Buchkremer.

Das aktuelle Semester
wurde auf September verschoben

Dafür beteiligt sich Action Medeor auch an einem Masterstudiengang in Ruanda. Dort können Experten aus sieben Ländern in Ostafrika berufsbegleitend studieren und in eineinhalb Jahren ihren Abschluss erlangen. „Die Kurse laufen hauptsächlich online. Nur drei Tage pro Modul finden als Präsenzveranstaltung in Ruanda statt. Trotzdem ist es im Moment unter Corona-Bedingungen schwierig. Das aktuelle Semester ist zunächst einmal auf September verschoben“, berichtet sie. Und auch ihre eigene Arbeit ist von der Krankheit stark beeinflusst. Eigentlich wäre sie jetzt unterwegs und würde ein Audit vornehmen. Aber diese Reisen fallen aktuell natürlich aus. „Zuletzt war ich Anfang des Jahres in Tansania. Normalerweise bin ich sechs bis sieben Wochen im Jahr unterwegs, um vor Ort zu auditieren oder Prozesse zu überwachen. Das fällt derzeit alles aus“, sagt sie.

Menschen sollen
getestete Mittel bekommen

An der Bekämpfung des Coronavirus wird sich Action Medeor nicht beteiligen. „Sicherlich werden die Entwicklungsländer große Probleme bekommen, einen Impfstoff, so dieser entwickelt ist, zu erhalten. Daran können wir aber aus mehreren Gründen nichts ändern“, sagt Buchkremer. Einerseits stelle Action Medeor generell gar keine Impfstoffe her. Dafür würden ganz andere Labors und Produktionsstätten benötigt. „Außerdem können wir keine neu entwickelten Produkte produzieren, da sie patentgeschützt sind“, sagt die Pharmazeutin. „Und schließlich wollen wir das auch gar nicht. Wir haben bewusst entschieden, nur Medikamente herzustellen, die seit vielen Jahren auf dem Markt sind und bei denen alle Wirkungen bekannt sind. Neue oder experimentelle Wirkstoffe würden wir niemals vertreiben. Dafür gibt es klinische Studien. Die Menschen, die wir versorgen, sollen getestete Mittel bekommen. Und das dauert.“ So wird sie weiter daran arbeiten, die bestmöglichen Medikamente herzustellen und in die ärmsten Regionen der Welt zu liefern. Immer mit dem Ziel, sich selbst überflüssig zu
machen.

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