Anrath: Farbe für die Knast-Mauer

Der Anrather Jugendtreff hatte Graffiti-Künstler eingeladen, das Gefängnis ein wenig bunt zu gestalten.

Anrath. Marion Tank freut sich: "Sieben von elf angemeldeten Sprayern sind gekommen" - schon ein großer Erfolg. Das Cafe Rampenlicht hatte junge Graffiti-Künstler eingeladen, die neue Gefängnis-Mauer, die an das Bahngelände grenzt, farblich zu gestalten. "Ein Wunder, dass die sich überhaupt anmelden", sagt Tank und freut sich. Sie ist die für den Jugendtreff verantwortliche Streetworkerin.

Eine Terminabsprache mit den Künstlern sei für diese eine absolut unübliche Verbindlichkeit. Auch die Jury für die Hip-Hop-Wettbewerbe lasse sich frühesten maximal zehn Minuten vor Beginn blicken. "Und wenn ich dann rotiere, dann sagen die nur: Bleib mal locker", lächelt Tank leicht kopfschüttelnd. "Inzwischen rege ich mich nicht mehr auf."

Die Anmeldung war von der Gefängnisleitung gefordert worden, sie hatte auch Entwürfe sehen wollen. "Die Verantwortlichen hatten Angst vor kompromittierenden Bildern, in der Art von "Mördermauer" oder so." Doch solche Befürchtungen seien bei der hiesigen Szene überflüssig.

An dem Tor zu dem abgesperrten Grünstreifen vor der Mauer steht heute der JVA-Bedienstete Carsten Jorczig. "Die Leitern sind halt ein Problem", sagt er. Die, die bei der Aktion gebraucht werden, sind nicht länger als eine Haushaltsleiter, womit die Künstler nicht mal auf die Hälfte der 5,50 Meter hohen Knastmauer reichen. "Innen gibt’s ganz viele Sicherheitsvorkehrungen", sagt Jorczig. Er bleibt "aber trotzdem" ein bisschen skeptisch.

Über den Kunstwerken soll später noch ein Schriftzug entstehen - "Wall of AnRaTh" - erzählt Tank, die schon die alte Knastmauer gerne besprühen lassen wollte. "Aber da war bereits klar, dass sie abgerissen wird."

Arsen aus Hilden ist auch erst um kurz vor 14 Uhr zu der um 10 Uhr begonnenen Aktion erschienen. Er geht zu dem Gartenpavillon, unter dem die Pappkisten mit den Spraydosen im Schatten stehen. "Die Farben haben die Volksbank und die Schreinerei van der Hoven gestiftet". sagt Tank. Er beginnt mit drei verschiedene Brauntönen.

Marco steht ein Stück weiter und besprüht die Wand an den Stellen mit Lila, die außerhalb der von Benjamin mit grün skizzierten Sterne liegen. Die beiden 25-jährigen Willicher kennen sich schon aus der Schulzeit und haben immer wieder gemeinsam gesprayt. Natürlich legal, wie beide betonen.

"Einmal wurde ich nachts am St. Bernhard von der Polizei gestellt, aber ich hatte eine Erlaubnis", erinnert sich Marco. "Eigentlich könnten noch viel mehr Flächen für legales Sprayen freigegeben werden", urteilt Benjamin. "Es gibt so viele hässlich graue Wände."

Nach der Aktion werden zirka 50 der 300 fürs Sprayen freigegebenen Meter Gefängnismauer bunt sein. "Wenn diese in ein paar Jahren ganz bunt sind, können wir ja weiter sehen", gibt sich Tank gelassen. Gefahr, dass Graffiti bis dahin unmodern seien, hat sieht sie nicht. "Das wird es immer geben und das hat es immer gegeben. Was sind Höhlenmalerei anderes?"

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