Fitness-Expertin setzt auf Preha statt Reha

Trainerin Mellie Wesch hat eine schwere OP hinter sich. Auf diese hat sich die 42-Jährige körperlich vorbereitet — und sieht darin ein neues Geschäftsmodell.

Fitness-Expertin setzt auf Preha statt Reha
Foto: Kurt Lübke

Kempen/Nettetal. Melanie „Mellie“ Wesch hatte keine Alternative. Wegen eines Tumors musste sich die 42-Jährige im Kempener Hospital die Gebärmutter entfernen lassen. Zu der belastenden Diagnose und dem bevorstehenden schweren Eingriff kamen für die selbstständige Fitness-Expertin und Personal-Trainerin auch noch die finanzielle Sorgen: Ein langer Arbeitsausfall bedeutet weniger Geld in der Kasse.

Also beschloss die gebürtige Hamburgerin, die in Breyell wohnt und in Lobberich seit Anfang diesen Jahres ihr Studio betreibt, sich bestmöglich auf die OP vorzubereiten. Sie wollte danach schnell wieder auf den Beinen sein.

Drei Wochen nahm sie sich Zeit, um ein spezielles Training zu absolvieren. „Ich habe den Operationstermin dafür extra um zwei Wochen nach hinten verschieben lassen“, erzählt sie. Der sichtbare Erfolg muss ihr zufolge spektakulär gewesen sein: „Als die behandelnde Ärztin kurz nach der OP zu mir kam, dachte sie zunächst, sie hätte sich in der Tür vertan“, schildert es Melanie Wesch. Die Patientin saß schon im Bett und verbreitete via Facebook, dass alles gut gelaufen sei. „Am Abend bin ich dann durchs Zimmer spaziert.“

Bereits am dritten Tag nach dem Eingriff Ende September durfte sie das Krankenhaus verlassen. Eigentlich waren mindestens zehn Tage angesetzt gewesen — plus vier Wochen Schonung. Und bereits Anfang Oktober nahm sie wieder ihre Tätigkeit auf, wenn auch, wie sie zugibt, „mit angezogener Handbremse“.

Dass Mellie Wesch auch aus medizinischer Sicht die OP überdurchschnittlich gut verkraftet hat, ist eine Tatsache. Nun ließe sich mit einigem Recht einwenden, dass die Wahl-Nettetalerin aufgrund ihres Berufs und ihres Lebenswandels auch über eine überdurchschnittlich gute Kondition verfügt.

Doch Wesch vertritt die Auffassung, dass jeder Mensch — ob Kind oder Senior, ob Fitness-Fan oder Sportmuffel — mittels eines speziellen Programms auf Eingriffe vorbereitet werden könne. Als Beispiele nennt sie einen Bekannten, der, ohnehin durch eine Chemo geschwächt, eine neue Herzklappe bekommen hat, und einen jüngeren Kunden, der am Kreuzband operiert werden musste. In diesen beiden, sehr unterschiedlichen Fällen, habe die individuelle „Prehabilitation“ gute Wirkung gezeigt. So seien bei den Bekannten nach kurzer Zeit diverse Tests (etwa das Belastungs-EKG) positiv verlaufen.

Mellie Wesch, die nach eigener Schilderung in Deutschland auf diesem Feld zu den Pionieren gehört, hat aus diesen Beobachtungen ein Geschäftsmodell entwickelt. Dieses möchte sie nun — auch motiviert durch ihre ganz persönliche Erfahrung — gerne auf breitere Füße stellen. Der Hintergrund: Bislang zahlen ihre Kunden ein solches Training privat, abgerechnet werden 30 Minuten für 25 Euro. Doch sie sei mit diversen Krankenkassen im Gespräch, ein Sechs-Seiten-Konzept liegt bereits vor (siehe Info-Kasten).

Das Training sollte demnach im Optimalfall fünf Wochen vor der OP aufgenommen werden. Sie empfiehlt zwei Einheiten à 30 Minuten pro Woche. Wie das Training zu gestalten sei, richte sich nach der Art des bevorstehenden Eingriffs und dem aktuellen physischen Status des Patienten. Der genaue Verlaufsplan werde stets individuell erstellt, sagt die staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin mit Schwerpunkt Sporttherapie. Mit genaueren Angaben hält sie sich zurück - Stichwort Betriebsgeheimnis.

Sie habe bei den Kassen ein „hohes Interesse“ festgestellt und hofft auf die künftige Möglichkeit der Kostenübernahme, wie es sie unter anderem für Präventionskurse gibt.

Bleibt die Frage nach den wissenschaftlichen Belegen für den Erfolg der „Prehabilitation“. Bisher gebe es, bis auf einige kleinere Studien, kaum Daten, so die Trainerin. Die Suche im Internet liefert immerhin einige Presseberichte aus Deutschland.

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