Westbahn auf dem Abstellgleis

Gutachten: VRR soll das Projekt einer Verbindung von Duisburg über Ratingen nach Düsseldorf nicht weiter verfolgen.

Ratingen. Erst scheintot, dann halbwegs wiederbelebt, jetzt endgültig verstorben? Das Thema Reaktivierung der Ratinger Weststrecke scheint endgültig beendet zu sein. Nach einem aktuellen Gutachten beschließt der Verwaltungsrat des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, das Projekt „Westbahn“ nicht weiter zu verfolgen. Das teilte am Mittwoch der Landtagsabgeordnete Wilhelm Droste (CDU) mit, dem das Gutachten vorliegt. Droste ist darüber nicht nur enttäuscht, sondern auch wütend. Denn die technischen Schwierigkeiten seien seit langem bekannt gewesen.

Vor einem Jahr habe der VRR-Geschäftsführer Martin Husmann bei einem Ortstermin in Lintorf noch bekräftigt, dass die Westbahn für den VRR von höchster Priorität sei. Droste: „Und jetzt klingt es danach: War alles nicht so gemeint. Das ist schon fast unverschämt.“ Jahrelang werde die Westbahn fast „wie eine Monstranz im Verkehrswegeplan vorangetragen“ und jetzt soll alles vorbei sein? Droste wollte postwendend einen geharnischten Brief an den VRR aufsetzen — „dann raschelt’s aber im Karton.“

Drei Punkte nennt das Gutachten als Grund für die Beerdigung des Westbahn-Projektes: Wegen des Begegnungsverbotes sei eine Streckenführung durch den Düsseldorfer Staufenplatztunnel nicht möglich. Die Kosten für den Neubau einer zweiten Tunnelröhre und eines dritten Gleises sei volkswirtschaftlich nicht zu vertreten. Und schließlich sei auch eine Einfädelung der Westbahnzüge auf das Schienennetz der S 6 wegen der hohen Zugdichte und der für Rollstuhlfahrer ungeeigneten Bahnsteighöhen auf dieser Strecke nicht möglich.

Droste: „Die Fakten des Gutachtens sind seit Jahren bekannt. Der VRR hat in Kenntnis dieser Fakten immer wieder die Hoffnung genährt, dass eine Reaktivierung der Westbahn Aussicht auf Erfolg haben könnte. Diese Aussagen wurden damit der Wahrheit zuwider getätigt.“ Droste will die Sachlage noch einmal prüfen lassen und hat sich auch an den Landesverkehrsminister gewandt.

Bürgermeister Harald Birkenkamp reagierte „traurig und tief enttäuscht“ auf das Gutachten. Das Argument der Wirtschaftlichkeit sei nicht wirklich neu, dennoch habe der VRR das Projekt immer positiv bewertet.

Ob das aktuelle Gutachten auf unabhängigen Untersuchungen basiert oder auf denen der Deutschen Bahn, ist noch unklar. In der Vergangenheit gab es heftige Kritik, dass die Deutsche Bahn als potenzieller Konkurrent auf dieser Strecke, überhaupt die Machbarkeit prüfen konnte.

Im April vergangenen Jahres war VRR-Vorstand Martin Husmann von der Rentabilität der Westbahn voll überzeugt. Er bescheinigte der Strecke „das höchste Entwicklungspotenzial im ganzen VRR-Gebiet und einen unerreichten Kosten-Nutzen-Faktor“. Mit Haltepunkten in Lintorf, Tiefenbroich und West wären rund 40 000 Ratinger direkt an das S-Bahnnetz angebunden worden. Die laut Bahn-Gutachten erforderlichen Baumaßnahmen stellen jedoch die Wirtschaftlichkeit in Frage. Bisher wies das Projekt einen glänzenden Kosten-Nutzen-Faktor von 3,45 auf. Ein zusätzliches Gleis (60 Millionen Euro) würde den Faktor auf 1,2 drücken, eine zweite Tunnelröhre (100 Millionen) ließe den Wert auf 0,3 absinken.

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