Prozess: Nach Weckruf greift Mann zum Messer

Seit Montag steht ein Mettmanner (39) wegen versuchten Mordes vor Gericht.

Wuppertal/Mettmann. Richter und Schöffen tauschen betretene Blicke: Der Angeklagte singt. Vom „Regenbogenland“ ist zu hören, einen Refrain summt er dazwischen. „Ich werde mit Reinhard Mey auf der Bühne auftreten“, sagt der 39-Jährige Mettmanner.

Vor dem Landgericht Wuppertal muss er sich seit Montag verantworten, weil er einen Pfleger seiner Solinger Wohngruppe mit einem Messer angegriffen haben soll. Die Anklage lautet auf versuchten Mord.

Die Tat gibt der Angeklagte zu. Früh an einem Sommermorgen vor drei Jahren habe ihn der Pfleger in der Außenstelle der Landesklinik wecken wollen. Noch im Bett liegend habe er unter einer Fernsehzeitschrift ein Messer hervorgeholt, das er zum Äpfelschälen gebraucht haben will. Damit habe er nach dem Betreuer gestochen. Auszuschlafen sei sein Wunsch gewesen: „Ich bin richtig kaputt nach der Arbeit.“

Getroffen wurde der Pfleger nicht. Er wich aus, lief aus dem Zimmer, rief die Polizei. Die Beamten fanden den Angeklagten ruhig auf seinem Bett sitzend: „Erst als ich meine Dienstwaffe gezogen habe, hat er geschnallt, was ich von ihm wollte“, berichtet ein Polizist dem Gericht.

Vorher habe er ihn angeschrien, das Messer fallenzulassen. In Gefahr habe er sich nicht gefühlt: „Ich musste verhindern, dass er mit dem Messer den Raum verlässt oder sich selbst verletzt.“

Die Tatwaffe stellten die Beamten nicht sicher: „Das war ein Küchenmesser wie jedes andere. Schublade auf und rein damit, verstehen Sie?“, fragt der Zeuge den Richter. Wenigstens ein Foto hätte er davon sehen wollen, erwidert der Vorsitzende.

Laut Anklage soll der Angriff von Beleidigungen und Drohungen begleitet gewesen sein: „Ich schneid’ Dir den Kopf ab!“, habe der Angeklagte gerufen. „Ich wollte niemandem wehtun“, sagte dieser am Montag vor Gericht.

Übergriffe habe es schon früher gegeben, berichtet der Heilpädagoge einer Wohngruppe in Ratingen. Dort hatte der Angeklagte ab etwa 2001 gewohnt. Gläserne Mineralwasserflaschen habe der geworfen, wenn er wütend war, sagt der Zeuge. „Wenn er in seinem Zimmer laut Musik gehört hat, dann ging man besser nicht rein, bevor das Lied zu Ende war.“ Morgens aufzustehen, sei dem Angeklagten bereits damals unangenehm gewesen. Die Arbeit in einer behindertengerechten Werkstatt habe ihm missfallen.

Am Donnerstag soll der Geschädigte aussagen. Laut Gericht hat das vorläufige Gutachten eines Psychiaters ergeben, dass der Angeklagte in seiner „Steuerungsfähigeit erheblich gemindert ist“. Bestätigt sich das, wird das Gericht prüfen, ob er in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden muss.

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