Kraft kommt durch Hintertür

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft empfing mehrere hundert Besucher.

Mettmann. Es ist schon ein starkes Kontrastprogramm das sich dem Beobachter vor der Stadthalle präsentiert: Während draußen Anhänger der CDU unter Regenschirmen Schutz gesucht haben und mit einem Plakat, das auf einem Auto angebracht ist, „Wahlfreiheit statt Kitazwang“ skandieren, warten drinnen hunderte SPD-Anhänger auf Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Auch vor Mettmann hat der Wahlkampf nicht Halt gemacht. Im Saal herrscht gute Stimmung, ein Gitarrist spielt bekannte Stücke. „I’m losing my religion“ von „REM“ ertönt aus den Lautsprechern. Dass auch die SPD den Glauben an sich verlieren könnte, widerlegt der gut gefüllte Saal zweifellos. Nichtsdestotrotz sind einige Plätze leer geblieben.

Hannelore Kraft selbst ist noch nicht vor Ort, dafür aber Peer Steinbrück, der ehemalige Finanzminister. Zusammen mit Kerstin Griese, der Bundestagsabgeordneten für den Kreis Mettmann, heizt er den rund 300 Zuschauern im Saal kräftig ein. Durchs Mikrofon wettert er gegen Schwarz-Gelb und die Bundeskanzlerin: „Frau Merkel agiert zu zögerlich!“

Aber auch für Humor ist Platz. „Ich halte nichts von Herrn Sarkozy, weil er während meiner Amtszeit dreimal meine sofortige Entlassung gefordert hat“, sagt Steinbrück mit einem Lächeln.

Währenddessen ist Hannelore Kraft in der Stadthalle angekommen, weitestgehend unbemerkt vom Publikum. Sie hat, ganz im Gegensatz zu allen anderen, den Hintereingang benutzt. Als sie nun auf die Bühne tritt, schallt ihr euphorischer Jubel entgegen. Die „Landesmutti“, wie sie seitens der CDU genannt wird, lässt jedoch zunächst anderen den Vortritt.

Reihum bekommen die Kandidaten für die Landtagswahl die Gelegenheit, sich vorzustellen: Volker Münchow, Manfred Krick, Elisabeth Müller-Witt und Jens Geyer äußern sich im Dialog mit Griese kurz zu wichtigen regionalpolitischen Themen. „Der Bau der CO-Pipeline muss gestoppt, und die Kommunen müssen entschuldet werden“, lautet die einhellige Meinung der vier Kandidaten.

Dann folgt der Höhepunkt der Veranstaltung: Hannelore Kraft tritt ans Podium und hält ihre Rede. Im Hintergrund steht ein Banner mit der Aufschrift: „Für ein gerechtes NRW“.

„Wir dürfen kein Kind zurücklassen“, beginnt sie und erntet sofort das begeisterte „Jawoll!“ eines Zuschauers. Für Kraft stehen drei zentrale Punkte im Vordergrund, wie sie bekräftigt: „Wir müssen einsparen, investieren und mehr einnehmen“, sagt die Ministerpräsidentin.

Anschließend haben die Zuschauer die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Aber es findet sich zunächst niemand, der ein Anliegen vorbringen möchte. Also spielt der Gitarrist erst noch ein Stück: Bryan Adams’ „Summer of 69“ ertönt aus den Boxen. Dann hat sich doch jemand gefunden, der eine Frage hat. Ein junger Mann möchte wissen, an welchen Stellen Kraft Einsparpotenzial sieht. Kraft antwortet hierauf nur vage: „Es gibt nur noch wenig Einsparpotenzial. Die Zitrone ist fast ausgepresst.“

Langsam leerte sich der Saal, und auch draußen hat die CDU bereits ihre Zelte abgebaut. Und so endet, knapp eine Woche vor der Wahl, ein ganz normaler Wahlkampftag.

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