Mit Kuhglocke gegen Gerüst

Martina Schikarski kämpft mit ganz eigenen Methoden gegen ein Provisorium, das als zweiter Rettungsweg dienen soll.

Erkrath. Wenn Martina Schikarski aus ihrem Wohnzimmerfenster schaut, verschlägt es ihr tagtäglich die Sprache. Statt aus ihrer schmucken Parterrewohnung einen Blick ins Grüne werfen zu können, guckt sie auf ein tristes Baugerüst. „Das steht seit drei Jahren da“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Im Mai 2009 wurde es hochgezogen — ohne jede Vorwarnung.“

Von der ersten bis zur dritten Etage des Mehrfamilienhauses am Korresberg 6 reicht das Gestell aus Metall und Holz, das seinerzeit von der Feuerwehr errichtet worden war — als Ersatz für den nicht vorhandenen zweiten Rettungsweg, der im Falle eines Brandes laut Landesbauordnung seit einigen Jahren gesetzlich vorgeschrieben ist.

„Eigentlich sollte das Gerüst nur ein Provisorium sein“, sagt die 71-Jährige, die seit 1984 am Korresberg wohnt. „So lange, bis der ,richtige’ Rettungsweg angebracht ist.“ Schon mehrfach habe sie bei der Stadt nachgefragt, sei aber stets auf taube Ohren gestoßen.

Hinzu komme, dass sie allein auf weiter Flur stehe, weil die Eigentümergemeinschaft nicht zusammenhalte. „Ich bin am Ende“, sagt Martina Schikarski.

Damit der Stein vielleicht doch noch ins Rollen kommt, hat sie ihren Balkon und das Gerüst vor ihrer Nase mit verschiedensten Gegenständen „verunstaltet“, wobei die Palette von Halloween-Masken bis zur Kuhglocke reicht. „Auf diese Art und Weise möchte ich das Problem ins Bewusstsein meiner Mitbewohner rücken“, sagt sie.

Allerdings ist ein Lichtstreif am Horizont zu sehen — von dem Martina Schikarski bislang aber noch nichts wusste. Wie der Leiter der Erkrather Bauaufsicht, Helmuth Hentschel, auf WZ-Nachfrage erklärte, „liegt zwischenzeitlich ein Bauantrag auf Errichtung des zweiten Rettungsweges vor“. Vor wenigen Tagen sei er von der Hausverwaltung im Auftrag der Eigentümergemeinschaft eingereicht worden.

Dabei handele es sich um eine Leiterkonstruktion von der obersten in die darunterliegende Etage. Weiter müsse die Leiter nicht reichen, weil die Feuerwehr im Notfall die übrigen Geschosse problemlos mit tragbaren Leitern erreichen könne.

Und warum hat das Ganze drei Jahre in Anspruch genommen? „Ganz einfach, weil viele Häuser vor dem Inkrafttreten der neuen Landesbauordnung gebaut wurden und daher der zweite Rettungsweg fehlt. Oder weil Umbauten vorgenommen wurden“, erklärt Helmuth Hentschel. „Sobald dieser Missstand festgestellt wird, müssen wir handeln — unverzüglich.“ Daher sei das Gerüst als Sofortmaßnahme aufgestellt worden. „Für uns als Bauaufsicht war der Fall damit erledigt“, sagt Hentschel weiter. „Denn das Anbringen eines ,richtigen’ zweiten Rettungsweges ist einzig und allein Sache der Hauseigentümer oder der Hausverwaltungen.“

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