Erkrath Gläubige fassen Hoffnung im Autokino

Erkrath. · Der Standort neben dem Neanderbad wird jetzt auch für Gottesdienste genutzt. Die Feier am Sonntag war gut besucht.

 Gottesdienst im Autokino: Pfarrer Lutz Martini predigt zwischen Autos.

Gottesdienst im Autokino: Pfarrer Lutz Martini predigt zwischen Autos.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

„Autokino“ ist das Zauberwort dieses Aprils. Ausgehend vom Essener Drive-in-Autokino, wo die ersten Veranstaltungen pragmatisch und erfolgreich verliefen, hat sich in Windeseile ein flächendeckendes Netz an Freiluftlichtspielbühnen gebildet. Auch in Erkrath war man dank des Betreibers des Mettmanner Kinos Weltspiegel, Thomas Rüttgers, schnell am Start.

Nun wird der Standort neben dem Neanderbad nicht nur für Filmvorführungen genutzt, sondern auch für Gottesdienste. Am Sonntagmorgen feierte dort die evangelische Kirchengemeinde Hochdahl zum ersten Mal. 84 Fahrzeuge hatten den Parkplatz gefüllt; in jedem Wagen saßen bis zu vier Personen. Alle Teilnehmer hatten sich im Vorfeld bei Pfarrer Lutz Martini angemeldet, und wer eine Zusage bekommen hatte, hatte seinen Platz sicher. Für jeden Pkw war der großzügige Bereich von gut eineinhalb Parkbuchten mit Kreide vorgezeichnet worden. Gleichwohl, der aufgeregten Stimmung vor dem Beginn zuzuschreiben, brauchten einige Gäste viele Züge, um zur optimalen Parkposition zu rangieren. Organisatorisch war bestens vorgesorgt; an Toiletten, sogar an Überbrückungskabel für möglicherweise streikende Autobatterien war gedacht worden. Altar, Kanzel und E-Orgel waren auf einen kleinen Laster aufgebockt. Pfarrer Martini spielte per Smartphone-Übertragung Glockengeläut ein. Dann begrüßte er zum ausgegebenen Thema ‚Hoffnung‘ mit offenen Worten: „Wir feiern ja in unserer Gemeinde schon ab und an Gottesdienst in anderer Gestalt. Aber so anders, haben wir es, glaube ich, noch nie gehabt.“ Martinis mutmachende Stimme – er sprach von der „Hoffnung, dass das neue ‚Normal‘ ein besseres für alle ist“ – und die schönen Tastenkunstklänge von Christiane Morys wurden per Hörfunk auf die Autoradios übertragen.

Die Kollekte landete an der Ausfahrt in einem Eimer

Ein verteiltes Liedblatt half beim Mitsingen der Lieder. Gesang hören ließ sich im eigenen Auto jedoch nur dann, wenn man das Singen selbst versuchte; eine Stimmung wie gemeinsam einsam sein. Die Kollekte schließlich wurde an der Ausfahrt aus den Auto in einen Eimer geworfen. Es sind ungewöhnliche Zeiten auch für Christen. Es blieb bei weitem nicht die einzige kuriose Erfahrung.

Am Gründonnerstag erschien um 20 Uhr auf dem Smartphone ein Testbild, untermalt von einer euphorisierenden Musik und einem Countdown von zwei Minuten. Dann geht es los mit der Premiere des virtuellen Gottesdienstes der Evangelischen Kirchengemeinde Erkrath. Ort der Feier sind die Paul-Gerhardt-Kirche in Unterbach und eben die Bildschirme der Zugeschalteten. Pfarrer Carsten Kern erscheint vor der Kamera. Er steht im Altarraum, ganz so wie man ihn auch bei einem klassischen Gottesdienst erleben würde. Er geleitet die digital Feiernden mit dem Hinweis ein, dass das Grün an diesem Donnerstag von Greinen, also dem Weinen, herrühren mag: „Wenn einer Grund zum Weinen hatte, dann er, Jesus Christus, der wusste, was auf ihn zu kam.“ Die Übertragung ist von bestechender Qualität. Den Maßstab für derartige Sendungen setzt derzeit Domradio mit zahlreichen Schalten von Messen und Andachten aus dem Kölner Dom.

Ein ganzer Sender steht den Erkrathern nicht zur Verfügung, aber mit einem kleinen Medienteam, bestehend aus Björn Seyfarth (Ton) und Regina Weber (Kamera/Schnitt), kann man dann doch aufwarten. Auch liturgisch und gestalterisch setzt man sich von den katholischen Glaubensgeschwistern aus Köln ab. Eine musikalische Gruppe mit Tatjana Kisilev an den Tasten und dem mehrstimmmigen Gesang von Ralf Glass, Heike Heider und Markus Schauerte hat eine vielschichtige Liederauswahl vorbereitet, welche zum Mitsingen zuhause auf einem digitalen Notenblatt bereitsteht.

In den Reaktionen auf bisherige geistliche Feiern im Internet wird bisweilen die fehlende direkte menschliche Nähe bedauert. Das ist nachvollziehbar, doch sollten unbedingt auch die Stärken dieser innovativen Form Erwähnung finden. So nah ist die Gemeinde noch nie ins heimische Wohnzimmer gerückt.

Das Video des ersten virtuellen Gottesdienstes der Evangelischen Gemeinde Erkrath am Autokino ist im Internet für Interessierte abrufbar. Bereits nach wenigen Stunden hatte der Mitschnitt aus dem Autokino bereits mehr als 200 Aufrufe.

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