Historisches Rätsel um Frau Sohmann

Hieß die wohlhabende Krefelderin Maria oder Marie? Eine Spurensuche.

Krefeld. Fast hätte die Krefelder Stadtgeschichte umgeschrieben werden müssen — wenn auch nur um einen einzigen Buchstaben. Er befindet sich im Namen Maria Sohmann. Die Frau, nach der in Traar eine Straße benannt ist, könnte nämlich auch den Namen Marie getragen haben.

Hintergrund der Verwirrung sind Recherchen zur anstehenden Renovierung der Kull an Maria Schutz in Traar. Beim Blättern in der Geschichte des nördlichen Krefelder Stadtteils stößt man auf das 1991 herausgegebene Buch „Leben in Traar“. In der Publikation des dortigen Heimatvereins gibt es ein Kapitel des ehemaligen Stadtarchiv-Chefs Paul-Günter Schulte. Es trägt die Überschrift „Marie Sohmanns Bruchhof in Traar“. Auf Seite 64 bestätigen sich die Befürchtungen: Auch im Textbeitrag selbst schreibt Schulte: „Marie Stinnes heiratete 1870 Conrad Sohmann.“ Marie!

Im Internet bestätigt sich der Anfangsverdacht. Im umfangreichen Werk von Paul Neubaur über die Stinnes-Dynastie in Mülheim/Ruhr, aus der die spätere Frau Sohmann stammt, heißt es auf Seite 315: „Stinnes, Marie, verehelichte Sohmann.“ Auch im Text taucht wieder Marie auf — offenbar kein Druckfehler. In der Chronik heißt es weiter: „Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, Marie, geboren den 3. August 1848, vermählt mit Konrad Sohmann, und Helene, geboren den 22. Mai 1850, vermählt mit Heinrich von der Leyen.“

Bemerkenswert: Beide begüterten Stinnes-Schwestern heiraten nach Krefeld. Marie 1870 in die Bankiersfamilie Sohmann, Helene fünf Jahre später in die Familie der Seidenbarone von der Leyen. Aus diesem Zweig fällt 1977 das Waldgut Schirmau als Erbe an die Stadt.

Weitere Nachforschungen führen ins Stadtarchiv. Joachim Lilla schlägt nach: „Eine Heirat Sohmann-Stinnes ließ sich in den Krefelder Heiratsregistern 1870 nicht ermitteln. Der einzige amtliche Nachweis der ,Witwe Konrad Sohmann’ findet sich in einer Akte zur Verleihung der Rot-Kreuz-Medaille an sie. Dort lautet ihr Vorname durchgängig Maria.“ Also doch?

Das gleiche Ergebnis bringt eine Nachfrage im evangelischen Kirchenarchiv in Mülheim: Im Taufbuch der lutherischen Altstadtkirchengemeinde von 1848 stehen im Eintrag vom 10. September diese Vornamen des Stinnes-Säuglings: „Arnoldine Helene Anna Maria“ Maria ist als erster Vorname unterstrichen. Geburtsdatum: 3. August — auf der städtischen Internetseite ist vom 1. August 1848 die Rede.

Unklar bleiben auch Ort und Datum ihres Todes. Auf der Homepage steht: „Maria Sohmann verstarb am 29.07.1939 in Krefeld.“ Archivar Joachim Lilla hingegen teilt mit: „Frau Sohmann ist am 9. Juli 1939 in Bonn gestorben.“ Ein wenig Umschreiben ist also trotzdem notwendig.

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