Autobahn GmbH lockt mit Geld Kommunalbetrieb findet keine Planer

Straßen, Brücken, Schienen – wer durch Deutschland fährt, sieht überall den Sanierungsstau. Über Jahrzehnte hinweg wurde zu wenig investiert. Das betrifft den Bund ebenso wie die Länder und Gemeinden.

 Bevor die Arbeiter kommen, muss geplant werden. Unser Archivfoto zeigt Sanierungen auf der Ölschlägerstraße.

Bevor die Arbeiter kommen, muss geplant werden. Unser Archivfoto zeigt Sanierungen auf der Ölschlägerstraße.

Foto: Ja/Dirk Jochmann (DJ)

Die Verkehrsinfrastruktur verfällt. Längst hat die Politik das Problem erkannt und stellt für Sanierungen und Neubauten reichlich Geld zur Verfügung. Trotzdem geht es nur schleppend voran. Hauptgrund: Es fehlt an Fachleuten, insbesondere Planer und Ingenieure sind heiß begehrt, aber nur schwer zu bekommen.

Beispiel Kommunalbetrieb Krefeld (KBK): Um die Straßen und Brücken fit zu halten, stehen für diesen Bereich fünf Stellen zur Verfügung. Drei davon sind nicht besetzt. Mit anderen Worten: 60 Prozent der Kapazitäten bleiben ungenutzt. Dass sich Projekte in Krefeld angesichts dieses Mangels nicht wie gewünscht umsetzen lassen, verwundert nicht.

Reichlich Fördergeld sorgt für Zeitdruck in den Städten

Fördergelder aus Berlin und Düsseldorf für kommunale Pläne stehen mehr als genug zur Verfügung. Die Mittel sind allerdings immer zeitlich gebunden und kommen nur zur Auszahlung, wenn sie im Zeitrahmen zum Abschluss gebracht werden. Das erhöht den Druck. Projekte ohne Förderung bleiben liegen.

Hinzu kommt, dass der KBK beim Ringen um Planer und Ingenieure nicht nur mit der Privatwirtschaft konkurriert, sondern auch mit anderen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes. Vor allem die neu gegründete Autobahn GmbH des Bundes, die sich ab 2021 statt der Länder um die Fernstraßen der Republik kümmert, lockt mit attraktiven Konditionen.

Ein 13. Monatsgehalt, ein Wechselzuschlag, ein Erfolgsbonus und andere Vergünstigungen sollen die bisher zum Beispiel bei Straßen NRW beschäftigten Mitarbeiter zum Wechsel bewegen. Die Wechselprämie beträgt 1500 Euro. Wichtiger sind dauerhaft wirksame Verbesserungen gegenüber dem Tarifvertrag der Länder. So wird es statt einer anteiligen Jahressonderzahlung ein volles 13. Monatsgehalt geben. Werden alle qualitativen Unternehmensziele erfüllt, erhalten die Beschäftigten ab 2023 einen Jahresbonus, der sich laut Verdi auf etwa 800 Euro pro Kopf belaufen wird.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen werden sich Bauingenieure eher für die Autobahn GmbH als für den KBK entscheiden. Zumal die Karrierechancen bei einem Unternehmen mit bundesweiter Vernetzung deutlich größer sind als auf kommunaler Ebene.

Bezahlung beim KBK kann sich durchaus sehen lassen

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Bezahlung von Planern und Ingenieuren beim KBK durchaus sehen lassen kann. Als Basis dient der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Die Spanne reicht je nach Qualifikation und Anforderung von 3856,11 bis 5790,26 Euro brutto monatlich. Außertarifliche Leistungen kann der KBK allerdings nicht zahlen.

Ingenieure beim Kommunalbetrieb schneiden dennoch besser ab als bei Straßen NRW. Dieser Landesbetrieb zahlt derzeit zwischen 3490,32 und 5166,12 Euro brutto monatlich. Sonderlich anziehend scheint das nicht zu sein, denn derzeit sind etwa 200 Stellen unbesetzt.

Wie viele Fachleute bei der neuen Autobahn GmbH noch fehlen, ist offen. Eine entsprechende Anfrage dieser Zeitung blieb am Freitag ohne Antwort. Fakt ist, dass das Unternehmen noch Mitarbeiter sucht. Im Netz findet sich eine lange Liste. Die Bezahlung fällt höher aus als beim KBK, riesig sind die Unterschiede aber nicht. Ingenieure liegen brutto zwischen 4000 und 6000 Euro im Monat.

Ab dem kommenden Jahr verfügt die Autobahn GmbH über zehn Niederlassungen in Deutschland. Eine davon hat ihren Sitz an der Hansastraße in Krefeld – dort, wo heute Straßen NRW zu finden ist. Das Unternehmen wird für Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung, Finanzierung und Verwaltung der Autobahnen zuständig sein. Von Krefeld aus werden mehr als 1200 Kilometer an Rhein und Ruhr gesteuert.

Zu den großen Aufgaben zählt auch der sechsspurige Ausbau der A57 auf Krefelder Stadtgebiet. Deutlich schwieriger dürfte aus Sicht der Planer die Sanierung der maroden Leverkusener Rheinbrücke werden. Im April sorgten Mängel an Stahlteilen aus China für negative Schlagzeilen. Straßen NRW sah sich gezwungen, den Vertrag mit der Baufirma Porr zu kündigen. Seitdem ruhen die Arbeiten. Das Vergabeverfahren läuft. Noch 2020 soll der Bauvertrag neu vergeben werden. Die Umsetzung des Neubaus wird in den folgenden Jahren aus Krefeld kontrolliert.

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