Analyse : Ehemalige Heimkinder kämpfen um Anerkennung
Mönchengladbach Analyse Die bisherige Aufarbeitung von Missbrauch, Gewalt und Willkür ist für die damaligen Opfer längst nicht ausreichend.
Von allen Kindern, die Opfer von sexuellem Missbrauch und Gewalt wurden, sind die ehemaligen Heimkinder der Nachkriegzeit die mit der schwächsten Lobby. Das hängt auch damit zusammen, dass Bildungschancen während der Heimzeit massiv behindert wurden und Kinder aus Einrichtungen der Behindertenhilfe oft nur schwer in der Lage sind, sich zu organisieren und ihre Interessen zu vertreten. Doch zehn Jahre nach Beginn der offiziellen Aufarbeitung regt sich massive Kritik an den bisherigen Ergebnissen.
Für Heimkinder aus Einrichtungen der Jugendhilfe besteht schon seit Ende 2014 keine Chance mehr, an Entschädigungszahlungen zu kommen. Damals endete die Antragsfrist beim Fonds Heimerziehung. Der Fonds stand mehrfach in der Kritik: weil er die Kinder und Jugendlichen aus Behindertenheimen und psychiatrischen Einrichtungen nicht berücksichtigte; weil nur Summen bis maximal 10 000 Euro pro Person ausgezahlt wurden; weil die Anträge kompliziert waren und die Empfänger im Anschluss noch genaue Verwendungsnachweise vorlegen mussten.
Uwe Werner beispielsweise musste sich gerichtlich gegen Rückzahlungsforderungen wehren, weil er 6000 Euro des Fonds in seine ehrenamtliche Arbeit für den Verein „1. Community – Ehemalige Heimkinder NRW“ steckte, der Betroffene berät und ihnen bei der Antragstellung hilft. Der heute 66-Jährige aus Mönchengladbach hat selbst in den 50er und 60er Jahren traumatische Erlebnisse mit Schlägen, sexuellem Missbrauch und illegaler Kinderarbeit in kirchlichen Heimen in Bochum und Ostwestfalen gemacht und kümmert sich heute als Vereinsvorsitzender um Leidensgenossen in Nordrhein-Westfalen.