Auf der Kö ist wieder Bücherstöbern angesagt Herbstbummel zwischen Büchern

Düsseldorf · Nach der Absage im vergangenen Jahr findet das Literaturfest auf der Kö ausnahmsweise im Herbst statt – mit weniger Ständen.

 Gestern kamen die ersten Besucher zum Start des viertägigen Bücherbummels auf der Kö.

Gestern kamen die ersten Besucher zum Start des viertägigen Bücherbummels auf der Kö.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Der Oberbürgermeister ist schon etliche Minuten vor der Eröffnung des Bücherbummels da. Das hat zwei Gründe. Erstens ist Thomas Geisel nur noch der ehemalige OB von Düsseldorf. Und zweitens hat Geisel ein Buch geschrieben, in dem er von seiner Zeit als Politiker erzählt und aus dem er beim Bücherbummel lesen wird – am Samstag um 18 Uhr. Solche Memoiren hat Stephan Keller verständlicherweise noch nicht im Sinn. Der aktuelle OB trifft pünktlich zum Bücherbummel-Start im Zelt des Zakk ein, wo dann – fast wie im Vatikan – Amtsträger und Emeritus schiedlich-friedlich beieinander sind.

Zwar ist Keller noch nicht unter die Autoren gegangen, tritt dafür aber als Leser in Erscheinung. Am Rande verriet er uns zumindest, welche Lektüre auf seinem Nachttisch liegt: Das ist der Roman „Propaganda“ von Steffen Kopetzky. 

Aber machen wir uns nichts vor: Der Bücherbummel auf der Kö ist ein bisschen eigenartig geraten. Vergangenes Jahr musste er pandemiebedingt storniert werden, dieses Jahr verlegte man ihn von Pfingsten in den Herbst, um ein sichtbares Lebenszeichen zu geben. „Wir wollten den Bücherbummel nicht zwei Jahre hintereinander ausfallen lassen, das tut ihm nicht gut“, so Jürgen Kron, Vorsitzender des Bücherbummel-Vereins. Antiquar Andre Fischer sagt das so: „Man muss Bücher zu den Menschen bringen.“ Und dafür ist er mit seinem Angebot aus Hannover angereist und steht bei bescheidenem Wetter an seinem Stand.

Ein Verkauf unter freiem Himmel ist für Buchhändler immer eine heikle Sache. Die feuchte Witterung aber ist ein kleiner Horror. Und so haben am Eröffnungstag alle Stände die ausgelegte Ware mit Plastikplanen abgedeckt. Entspanntes Stöbern sieht anders aus.

Verlockend sind diesmal vor allem literarische Live-Erlebnisse

Aber eigentlich war und ist es immer so gewesen bei diesem Bücherfestival, das sich seit seiner Premiere 1985 so gut wie kaum weiterentwickelte und auch dadurch einiges an Aufmerksamkeit gegenüber späteren Festivalkonzepten verlor, etwa an die Lit Cologne in der benachbarten Domstadt. Dennoch hat sich der Bücherbummel als widerständig erwiesen und macht auf charmant rheinische Art unverdrossen weiter. 

Wobei der herbstliche Bücherbummel diesmal nicht verglichen werden darf mit früheren Jahren. Sollte es der Corona-Schutz zulassen, soll 2022 das Literaturfest wieder zu Pfingsten und wieder in segensreicher Kooperation mit der Jazz Rally stattfinden. Die Ausgabe in diesem Jahr wird als halbe Not-Ausgabe in die Geschichte des Bücherbummels eingehen, die mit knapp 40 Ständen die Hälfte früherer Jahre präsentiert. Die Lücken sind beträchtlich. Und da die Zahl von „Verpflegungsständen“ nicht abgenommen hat und manche bücherfremden Infostände weiterhin zum Programm gehören – wie Amnesty International oder „Muslime für den Frieden“ –, ist das Bücherstöbern überschaubar.

In diesem Jahr sind darum vor allem literarische Live-Erlebnisse das Verlockende. Auf der Lesebühne an der Kreuzung zur Königstraße wird praktisch von morgens bis abends etwas geboten. Und wenn am Wochenende die Kö auch noch für den Autoverkehr gesperrt wird, können die Vorträge, Interviews und Debatten angemessen „andächtig“ verfolgt werden. Ein Schwerpunkt sind Autoren aus der Region, und das liegt offenbar im Trend. In Zeiten der Pandemie haben viele Leser das wieder für sich entdeckt, was vor der eigenen Haustür stattfindet. Und die Literatur war dafür ganz offenbar ein guter Wegweiser.

Ein großer Teil des Programms ist für Kinder und Jugendliche gedacht. Und damit hat der Bücherbummel auch begonnen: Für seine herausragenden Literaturprojekte wurde gestern das Friedrich-Rückert-­Gymnasium mit dem Leseförderpreis ausgezeichnet.

Geblieben sind die klassischen Hinweistäfelchen an den Ständen, die dem Bücherangebot den Anstrich eines Wochenmarktes geben: „Ein Buch für vier Euro und drei für zehn“, lauten die freundlichen Lockrufe. Durchweg sind gebrauchte Taschenbücher seltener geworden, gut erhaltene Hardcover aller Genres geben den Ton an. Auf antiquarische Kostbarkeiten haben viele Händler schon wegen des unbeständigen Wetters verzichtet. Buchpreise im unteren dreistelligen Bereich sind das höchste der Gefühle. Das teuerste Buch ist eins aus Marmor. Steinmetz Sebastian Schmidt aus Veringenstadt hat schicke Exemplare in unterschiedlichen Größen mitgebracht. Das größte ist für 1250 Euro zu haben.

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