Keltenlager in Lungstraße: Ein paar Tage leben wie Asterix

Auch das eisige Wetter konnte die Keltenfreunde nicht von ihrem Lager in Lungstraße abhalten.

Burscheid. Von der Straße aus war sie kaum zu erahnen. Und doch konnte man am Osterwochenende im Garten von Bernd Frenzel und Susanne Hantsch in Lungstraße eine andere Welt betreten. Eine Welt, die vergleichbar war mit jener zur Zeit der gallischen Kriege um 50 vor Christus.

Dass sich das Interesse von Susanne Hantsch seit nunmehr neun Jahren schwerpunktmäßig um die Zeit der Eroberung des freien Galliens durch die Römer dreht, kommt nicht von ungefähr.

Schließlich hat bei ihr alles mit den beliebten Geschichten um die beiden keltischen Gallier Asterix und Obelix angefangen. „Ich fand es schon als Kind spannend, mit welchen Mitteln und auf welche Art und Weise man damals gelebt und gearbeitet hat.“

Das Interesse an den Kelten flammte erneut durch die regelmäßige Lektüre über Ausbreitung und Lebensweise der Volksgruppe auf. „Aber das Lesen ist das eine. Ich wollte aber gerne auch wissen und mit meinen eigenen Händen ausprobieren, wie sich das Leben damals angefühlt hat.“

So hat sie auch ihren Mann Bernd mit dem Keltenvirus angesteckt, selbst wenn dessen große Leidenschaft eigentlich US-Autos gilt. „Wir arrangieren uns sehr gut und bekommen beides ohne Probleme unter einen Hut.“

Nachdem das Treffen in Frenzels Garten im vergangenen Jahr Premiere gefeiert hatte, ging es am diesjährigen Osterwochenende für die Keltenfreunde in die zweite Runde. Neben dem Spaß am Hobby diente das Lager auch als Vorbereitung auf die nächste Saison, in der neue, im Winter entstandene Ideen und Dinge wie Kleidung oder Gerätschaften ausprobiert und den Freunden präsentiert werden.

So gab es in diesem Jahr zum Beispiel einen tragbaren Lehmbackofen zu bestaunen. „Leider haben wir wegen des bescheidenen Wetters einige Absagen erhalten, aber ein gutes Dutzend Leute sind doch gekommen“ erzählt Bernd Frenzel.

Im Zentrum des Gartens hatte die Gruppe, deren harter Kern aus Euskirchen, Troisdorf und Burscheid stammt, ein Zeltlager errichtet. Darin befanden sich unter anderem eine Werkstatt, eine Schmiede und eine keltische Küche — der so genannte keltische Feuerbock.

„Wenn wir auf Veranstaltungen anreisen, brauchen wir schon gut 150 Quadratmeter, um alles entsprechend aufzubauen und genug Platz zum Präsentieren und Werkeln zu haben“, erklärt Susanne Hantsch. Gemeint sind Auftritte in Museen und auf Festen wie beispielsweise den Römertagen in Rheinbach, wo die Gruppe als Pendant zu einer befreundeten Truppe von Römern eingeladen wurde.

Mit der Bezeichnung „Living History“ lassen sich solche Veranstaltungen, an denen die Gruppe regelmäßig teilnimmt, am besten beschreiben. Der Verweis auf die gelebte Geschichte ist Programm, denn es geht vor allem darum, sich die Mittel, die damals verwendet wurden, bewusst zu machen und sich zu fragen, wie man selbst damit zurechtkommt. Ein gutes Maß an Kreativität ist dabei von Vorteil.

Als Beispiel berichtet Susanne Hantsch von der Herstellung einer Tasche mithilfe einer Knochennadel. „Mit der sperrigen Nadel kommt man nicht durch den Stoff. Man muss die Löcher mit einem spitzen Messer vorbohren, erst dann gelingt das Vernähen des Leders problemlos.“ Hier lautet die Devise: ausprobieren statt nur darüber zu reden.

Neben der Präsentation von Schmiede- und Textilarbeiten bieten die Freunde der keltischen Kultur auch eine Art Showkochen an, bei dem traditionelle keltische Herstellungs- und Konservierungsmethoden verwendet werden.

So wird beispielsweise Brot ohne einen Backofen hergestellt, wobei der Teig aus Hirse mit Hirschhornsalz versetzt wird. Dieses Salz dient als Treibmittel, das den Teig, der auf einer Art heißem Stein liegt, aufgehen lässt.

Ideen und Vorlagen für ihre Arbeiten bekommt die Gruppe aus Büchern und Museumsausstellungen. „Wo es erlaubt ist, fotografieren wir die Ausstellungsstücke ab und bauen sie zu Hause nach. So hat ein Bekannter sogar mal einen ganzen Streitwagen in mühsamer Kleinstarbeit nachgebaut“, erzählt das Paar.

Ein besonders interessantes Feld zum Ausprobieren ist die Schmiedekunst. Denn mit den Kelten kam auch die Eisenzeit und Werkzeuge, Waffen und Rüstzeug aus Eisen konnten hergestellt werden. „Ein Freund hat durch sein Hobby sogar den Berufsweg des Schmieds eingeschlagen, weil ihm die Arbeit so gut gefallen hat“, erzählt Bernd Frenzel.

Überhaupt sei es schön, dass sich so viele verschiedene Typen für dasselbe Hobby begeistern. „Von der Krankenschwester über den Schmied bis hin zum Oberstudienrat haben wir alles dabei.“

Doch so schön das Eintauchen in die Welt der Kelten auch ist, „gerade als Frau“, so Susanne Hantsch, sei es auch gut, nach ein paar Tagen wieder in die Zivilisation zurückzukehren. „Denn auf die medizinische Versorgung und die Hygienestandards möchte man auf Dauer dann doch nicht verzichten.“

Bernd Frenzel hat zuletzt einen Veranstaltungstipp für all diejenigen parat, die noch ein Reiseziel für die hoffentlich wärmeren Tage des Jahres suchen. „Auf der Altburg in Bundenbach im Hunsrück gibt es ein Keltenfest, das sich wirklich lohnt und ein super Programm bietet.“

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