Filmfestspiele Berlinale 2020: Wer braucht schon ein Motto?!

Berlin · Jetzt geht der ganze Rummel los. Zum Auftakt der 70. Berlinale erzählt US-Star Sigourney Weaver von ihrem neuen Film - und Schauspieler Jeremy Irons beginnt mit einer Erklärung.

 Mariette Rissenbeek, Geschäftsführerin der Berlinale-Leitung, Carlo Chatrian, künstlerischer Direktor der Berlinale, und Jeremy Irons, Schauspieler und Jurypräsident der Berlinale, bei der feierlichen Eröffnung der Internationalen Filmfestspiele.

Mariette Rissenbeek, Geschäftsführerin der Berlinale-Leitung, Carlo Chatrian, künstlerischer Direktor der Berlinale, und Jeremy Irons, Schauspieler und Jurypräsident der Berlinale, bei der feierlichen Eröffnung der Internationalen Filmfestspiele.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Internationalen Filmfestspiele werden diesmal ganz besonders neugierig betrachtet: Was ändert sich mit den neuen Festivalleitern in Berlin? Und wie gut sind die Filme? Für den diesjährigen Jurypräsidenten Jeremy Irons ist klar: „Was zählt, ist die Story und die Arbeit der Schauspieler.“

Schon zum Auftakt der 70. Berlinale gibt es jedenfalls viel zu gucken. US-Star Sigourney Weaver wirkt entspannt, als sie ihren neuen Film „My Salinger Year“ vorstellt. Darin geht es um den Literaturbetrieb im New York der 1990er Jahre.

Die Hauptrolle spielt Margaret Qualley – manche kennen sie vielleicht als Hippiemädchen aus Quentin Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“. Im neuen Film spielt sie nun die junge Joanna, die Schriftstellerin werden möchte.

Sie fängt als Assistentin einer Literaturagentin an - gespielt von Sigourney Weaver. Joannas Aufgabe wird es, die Fanpost des Schriftstellers J. D. Salinger zu beantworten. Vorlage ist ein Buch von Joanna Rakoff, die darin auch ihre eigene Geschichte erzählt. Die Berlinale kündigte eine „Coming-of-Age-Geschichte“ an.

Der Film zeigt den Weg des Erwachsenwerdens - und nimmt einen mit in eine vergangene Zeit. Getippt wird noch auf Schreibmaschine, Computer sind was Neues und ständig wird geraucht. Viele Frauen werden die Probleme kennen, mit denen sich Joanna rumschlägt: Nicht so netter Freund, ramponierte Bude, ungewisse Zukunft.

Der Film von Regisseur Philippe Falardeau ist einfühlsam erzählt. Weaver spielt die Literaturagentin unterhaltsam kühl und Qualley schaut man auf der Leinwand gerne zu. Wirklich überraschend ist allerdings nichts. Man kann den Film als stilvoll-melancholische Variante der Komödie „Der Teufel trägt Prada“ sehen.

Die Autogrammjäger sind jedenfalls schon am ersten Tag da. Die Gästeliste des Festivals klingt in diesem Jahr ein wenig wie einmal durchs Fernsehprogramm gezappt. Angekündigt sind Johnny Depp, Helen Mirren, Cate Blanchett, Salma Hayek, Javier Bardem. Achso, US-Politikerin Hillary Clinton kommt auch noch. Über sie wurde eine Dokuserie gedreht.

Erstmals leiten in diesem Jahr der Italiener Carlo Chatrian und die Niederländerin Mariette Rissenbeek die Berlinale. Gleich bei ihrem ersten Festival standen sie vor etlichen Baustellen. Der Potsdamer Platz ist für manche in diesem Jahr ein wenig zum Unort geworden. Ein großes Kino hat geschlossen, ein Einkaufszentrum wird saniert. „Der Glanz kommt nur vom Regen“, schrieb die Zeitung „taz“ bereits.

Debatten gab es auch über frühere Aussagen von Jurychef Irons, unter anderem zum Umgang mit Frauen. Der britische Oscar-Preisträger nutzt deswegen seinen ersten Auftritt auf der Berlinale für ein Statement.

Mit seiner Erklärung wolle er frühere Äußerungen klarstellen und hoffe, dass sie nicht vom weiteren Festivalgeschehen ablenkten, sagte der 71-Jährige. Er unterstütze die weltweite Bewegung für die Rechte von Frauen, die gleichgeschlechtliche Ehe und das Recht zu Schwangerschaftsabbrüchen, sollten sich Frauen dafür entscheiden.

Bis zum 1. März zeigt die Berlinale rund 340 Filme. Dabei konkurrieren 18 Produktionen um den Goldenen und die Silbernen Bären, darunter auch Filme von zwei deutschen Regisseuren: „Undine“ von Christian Petzold und „Berlin Alexanderplatz“ von Burhan Qurbani.

Morgens sieht man den neuen künstlerischen Leiter des Festivals, Carlo Chatrian. Er sucht sich zwischen Journalisten einen Platz in der Pressekonferenz der Jury. Der Italiener war vorher Leiter des Fimfestivals in Locarno. Vom sonnigen Lago Maggiore hat es ihn nun ins winterkalte Berlin verschlagen.

Fragt man manche Filmemacher, dann bekommt man den Eindruck, dass sie durchaus Hoffnung in das neue Führungsduo haben. Chatrian, das hat er schon bald klargemacht, geht es um den guten Film. Als er Ende Januar das Programm vorstellte, wurde er nach einem Motto gefragt. Da fragte er zurück: Ob man wirklich ein Motto brauche? Chatrian will gute Filme aussuchen - und nicht Filme, die einfach thematisch gut zusammenpassen.

Die Wettbewerbsfilme klingen jedenfalls ziemlich verschieden. Das zeigt schon das Programm für diesen Freitag. Der Sex-Thriller „The Intruder“ („El prófugo“) von der argentinischen Regisseurin Natalia Meta und das Künstlerdrama „Hidden Away“ („Volevo nascondermi“) vom italienischen Filmemacher Giorgio Diritti gehen ins Rennen. Wie die Bewährungsprobe für die neue Festivalspitze ausfällt? Weiß man in zehn Tagen.

(dpa)
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