Turbulenter Parteitag SPD-Mitglieder zerfleischen sich beim Parteitag gegenseitig

Leverkusen · Nach hitziger Diskussion wurde Jonas Berghaus zum Chef gewählt.

 Jonas Berghaus ließ sich nach seiner Wahl zum SPD-Chef feiern. Er erhielt 103 Ja-Stimmen, 90 Genossen stimmten gegen ihn.

Jonas Berghaus ließ sich nach seiner Wahl zum SPD-Chef feiern. Er erhielt 103 Ja-Stimmen, 90 Genossen stimmten gegen ihn.

Foto: Uwe Miserius

. Die SPD Leverkusen zelebrierte am Samstag ihre tiefe Spaltung. Auf dem ungewöhnlich gut besuchten Parteitag (201 Teilnehmer, sonst 60 bis 80) standen sich zwei verfeindete Gruppen von „Parteifreunden“ gegenüber: die Anhänger der bisherigen Leverkusener Parteivorsitzenden Aylin Dogan (29) und die Unterstützer des neuen Parteichefs Jonas Berghaus (31), zu dessen Helfern auch Landtagsabgeordnete Eva Lux und Fraktionsvorsitzender Peter Ippolito zählen. Der seit Monaten schwelende parteiinterne Streit entlud sich explosionsartig auf der Versammlung in der Stadthalle Bergisch Neukirchen.

Ex-Vorstandsmitglied Uwe Pöschke bezeichnete die Lage als „Katastrophe“ für die SPD Leverkusen: „Das, was hier passiert, hat nichts mit Demokratie zu tun.“ Der Vorsitzenden Dogan sei „in niederträchtiger und hinterfotziger Weise“ geschadet worden. Gemeint waren die ständigen Anfeindungen gegen die Vorsitzende.

Vor allem aber die überraschende Gegenkandidatur von Jonas Berghaus löste die Krise aus. Obwohl er Vorstandsmitglied war, informierte er seine Vorsitzende nicht persönlich über seine Bewerbung. Berghaus sagte allerdings, er habe telefonisch und per Messenger versucht, vorab mit Aylin Dogan zu sprechen. Allerdings seien die Gerüchte um seine Kandidatur so früh durchgesickert, dass er trotz Urlaubs der Parteichefin offiziell über seinen Plan informierte.

Das ganze Ausmaß des Streits skizzierte Aylin Dogan in ihrem Rechenschaftsbericht. In einer emotionalen Rede sagte sie: Die Entwicklungen „weg von politischen Inhalten und sachlichen Argumenten“ und der „höchst undemokratische und unsozialdemokratische Umgang“ mit Neumitgliedern hätten sie nachdenklich gemacht. Deshalb ziehe sie ihre Kandidatur für eine zweite Amtszeit zurück. Die Nachricht sorgte bei vielen für Entsetzen. Wenige Minuten später traten weitere Vorstandsbewerber zurück. Der Parteitag stand vor dem Abbruch. Genosse Oliver Ruß zitierte einen Politiker: „Den Neuanfang der Partei vor zwei Jahren erfolgreich gestoppt.“

Ex-OB Ernst Küchler forderte Neuansetzung des Parteitages

Ex-Oberbürgermeister Ernst Küchler forderte einen neuen Parteitag: „Nur so ist in fairer und solider Diskussion ein neuer Vorstand zu finden.“ Küchler: „Was wir heute erleben, ist eine Farce.“ Der Antrag wurde mit 76 Ja-Stimmen zu 125 Nein-Stimmen abgelehnt. Nach halbstündiger Sitzungspause war klar: Nur Berghaus, der bis dahin nicht geredet hatte, blieb als als Kandidat für den Vorsitz übrig. In seiner Vorstellungsrede ging der Manforter „auf die Kanonade gegen mich“ nicht ein. Der Lehrer fragte nur: „Nutzt die Politik der verbrannten Erde irgendjemandem?“ Und: „Den Leuten draußen sind unsere Grabenkämpfe egal. Die Menschen erwarten von uns, dass sich die SPD für sie einsetzt.“

Berghaus wurde nach fast fünf Stunden Versammlungsdauer zum Parteichef gewählt. 103 Genossen votierten für ihn, 80 kreuzten „Nein“ an. Stellvertreter wurden Adib Didem (115 Ja-Stimmen) und Martin Krampf (96 Stimmen). Nach der Wahl sagte die Beamtin Dogan (Juristin bei der Bundeswehr in Bonn): „Ich fühle mich jetzt gut. Ich bin mit mir im Reinen.“ Berghaus freute sich über seine Wahl, zeigte sich aber betrübt darüber, „dass heute schmutzige Wäsche gewaschen wurde“. Die Wiederherstellung des Parteifriedens werde wohl Monate dauern.

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