Handball: Mehr Variation, mehr Ruhe, mehr Geduld

Bundestrainer Heiner Brand weiß um die Probleme der Nationalmannschaft, glaubt aber fest an einen Sieg gegen die Schweden.

Düsseldorf. Heiner Brand ist zu lange Handball-Bundestrainer, um sich noch Illusionen hinzugeben. Der Weltmeister von 1978 und 2007 ist nur einer der erfolgreichsten Trainer der Welt geworden, weil er immer Realist geblieben ist. Einer wie Brand ist es gewohnt, Klartext zu reden. "Das Schlimmste war eigentlich nach zehn Minuten vorbei", sagte Brand nach dem nervenaufreibenden 34:34 (11:16) gegen Slowenien. Dass seine Mannschaft überhaupt noch ein Unentschieden geschafft hatte, bezeichnete Brand als "kleines Wunder": "Die Mannschaft ist ehrgeizig, motiviert, aber noch nicht in der Lage, den Rhythmus zu wechseln."

Wenn Johannes Bitter nicht im Tor stehen würde, wären die Chancen auf die Zwischenrunde vermutlich schon vertan. Erst als Bitter im zweiten Durchgang gegen Slowenien wieder für den überforderten Silvio Heinevetter im Tor stand, ging es bergauf. Auf Bitter kann Heiner Brand überhaupt nicht verzichten.

Die Zeiten, wo neben Oliver Roggisch noch Christian Schwarzer und Andrej Klimowets in der Abwehr standen, sind vorbei. Roggisch hat zwar nichts von seiner Defensiv-Klasse eingebüßt, aber er hat auf den Halbpositionen nicht die Unterstützung, die er braucht. Immer wieder kommt der Gegner auf diesen Positionen durch. Und die gegnerischen Kreisläufer bleiben gefährlich, weil in der deutschen Hintermannschaft zu langsam nachgerückt wird. Das Verschieben zur Ballseite funktioniert längst nicht reibungslos, immer wieder entstehen Lücken. Das war in früheren Zeiten anders.

Vermutlich wäre dieses Defizit auch von Pascal Hens nicht aufzulösen gewesen. Die deutsche Mannschaft hat keinen Spieler, der die Offensive inszeniert. Michael Kraus vom TBV Lemgo scheint zumindest phasenweise noch überfordert, Michael Haaß auch. Auf den Halbpositionen wird zu schnell der Abschluss gesucht. "Wir müssen mehr Geduld haben und erst dann abschließen, wenn die Chance da ist", sagt Christian Schwarzer. Sowohl Lars Kaufmann im linken als auch Michael Müller im rechten Rückraum kommen zu früh zum Abschluss, Holger Glandorf ist nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Die Übergänge funktionieren zu selten, unerklärliche Passungenauigkeiten erschweren das schnelle Zusammenspiel.

Im deutschen Angriff werden die Bälle zu wenig durchgespielt, die Außen werden zu wenig eingesetzt, obwohl Torsten Jansen eine Trumpfkarte auf Linksaußen darstellt. Und Christoph Theuerkauf kann ein effektiver Kreisläufer sein, wenn er aus dem Rückraum häufiger angespielt wird. Sieben Tore gegen Slowenien sind ein Beweis seiner Klasse.

Prognose: Mehr Ruhe in der Defensive, mehr Geduld und mehr Variation im Angriff, und die ebenfalls im Umbruch befindliche schwedische Nationalmannschaft hat keine Chance.

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