Frauenfußball-WM Schaulaufen am Mittelmeer - Deutschland siegt 4:0 gegen Südafrika

Montpellier · Mit dem 4:0 gegen Südafrika holt die deutsche Frauen-Nationalmannschaft den Gruppensieg. Nun aber warten die Bergetappen dieser Tour de France

 Klara Bühl (l-r), Giulia Gwinn und Alexandra Popp jubeln nach dem Sieg mit 0:4.

Klara Bühl (l-r), Giulia Gwinn und Alexandra Popp jubeln nach dem Sieg mit 0:4.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Martina Voss-Tecklenburg hat den Fortgang der deutschen Frauen-Nationalmannschaft bei dieser WM als ganz eigene Tour de France tituliert. Ein passender Vergleich der Bundestrainerin eingedenk einer Vorrunde, die von Rennes in der Bretagne, über Valenciennes an der belgischen Grenze bis nach Montpellier am Mittelmeer geführt hat. Nach den Anfangsetappen gegen China und Spanien mit zwei mühseligen 1:0-Siegen folgte im dritten Gruppenspiel gegen Südafrika ein ungefährdeter 4:0 (3:0)-Erfolg. Nun ist das erste Zwischenziel erreicht: Die deutschen Fußballerinnen zieht mit der optimalen Ausbeute von neun Punkten und ohne Gegentor als Gruppenerster in die Runde der letzten 16 ein.

Die erste Bergetappe wird nun das Achtelfinale am kommenden Samstag in Grenoble in den französischen Alpen, wobei sich das DFB-Team vermutlich auf einen Dritten der Gruppen C oder D als Gegner einstellen darf. Argentinien oder Schottland, Italien, Australien oder Brasilien wären mögliche Kontrahenten, aber Genaues wird erst nach Abschluss der Gruppenphase am Donnerstag feststehen. „Es ist tatsächlich eine spannende Konstellation“, sagte Voss-Tecklenburg, „aber wir werden gut vorbereitet sein: Unser Scouting-Team hat sich alle Spiele hier angeschaut. Wir werden gute Informationen haben, aber klar: Das macht es nicht einfacher.“

Garantiert wird der nächste Gegner in der Defensive nicht solche Räume anbieten wie die Banyana Banyana. Melanie Leupolz (14.), Sara Däbritz (29.), Alexandra Popp (40.) und Lina Magull (58.) bedankten sich mit ihren Treffern. „Dass wir noch Potenzial haben, wissen wir auch“, gestand Voss-Tecklenburg, der beispielsweise die Passqualität zeitweise missfiel. Die 51-Jährige wollte nichts davon wissen, dass diese einseitige Partie eine Ähnlichkeit mit jenem lockeren Strandspaziergang hatte, den ihre Spielerinnen am Wochenende im Badeort La Grande-Motte unternahmen. „Die Bedingungen waren schon sehr extrem. Ich hätte in der zweiten Halbzeit am liebsten fünf, sechs Spielerinnen ausgewechselt.“

Rechenkünstlerin Almuth Schult würde sich als nächstes einen europäischen Gegner wünschen, um die Olympia-Qualifikation einfacher zu machen. Dass die Torhüterin am Ende beim Alleingang von Thembi Kgatlana die weiße Weste wahren musste (75.), gefiel der 28-Jährigen gar nicht. „Wir haben am Schluss einige Bälle verdaddelt. Das darf gegen einen starken Gegner nicht passieren, weil das bestraft wird.“ Die selbstbewusste Nummer eins hält es übrigens nicht für möglich, dass sie wie einst ihre Vorgängerin Nadine Angerer bei der WM 2007 komplett ohne Gegentor durchs Turnier kommt: „Das passiert nicht mehr.“

Für das Führungstor brauchte es dann nur einen Eckball von Verena Schweers, bei dem sich Leupolz nach eigener Aussage selbst wunderte, „wie blank ich stand“: Die Mittelfeldspielerin nickte zum 1:0 ein. Nur drei Minuten später hätte Popp eigentlich auf 2:0 erhöhen müssen, doch schoss die Kapitänin den von Torhüterin Andile Dlamini abgewehrten Ball nach einer feinen Kombination aus vier Metern über die Latte. Immerhin: Kurz vor der Pause glückte der 28-Jährigen mit einem mustergültigen Kopfball nach Maßflanke von Giulia Gwinn der ersehnte Treffer, der erkennbar viel Last von ihr nahm. Ihr Jubel mit der Riege der Ersatzspielerinnen war der beste Beleg.

Zwischendrin durfte Däbritz ihr zweites Turniertor schießen, als Südafrikas Torhüterin das Spielgerät nach einer harmlosen Schweers-Flanke fallen ließ. Nach der Pause erhöhte Magull per Abstauber noch gedankenschnell auf 4:0. Über den Formverfall in der Schlussphase sahen die meisten Protagonisten – Ausnahme Schult – auch eingedenk der schwülwarmen Witterung hinweg. Vor der Weiterreise in einen Winterspielort dominierte die Zufriedenheit. Etwa bei der zum zweiten Male zur Spielerin des Spiels gewählten Däbritz, deren Spielfreude und Torgefährlichkeit in Abwesenheit von Dzsenifer Marozsan ein wichtiger Trumpf werden könnte: „Vom Willenssieg über Arbeitssieg war alles dabei, jetzt haben wir auch streckenweise gut Fußball gespielt.“

Offenbar sahen das viele deutsche Fans unter den 15.502 Zuschauer im Stade de la Mosson so, die aus aus den nahe gelegenen Urlaubsorten angereist waren und heitere La-Ola-Wellen durch die Spielstätte schickten, in der bei der WM 1998 einst Oliver Bierhoff im hochdramatischen Achtelfinale gegen Mexiko einen Siegtreffer erzielte. Nun sah der für alle Nationalmannschaft zuständige und extra nach Montpellier gereiste DFB-Direktor 21 Jahre später zwar einen nicht annähernd so spannenden Spielfilm, aber dafür immerhin ordentliche Pflichterfüllung von den deutschen Frauen.

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