Dortmunds 12-jähriges Wunderkind Moukoko: „Unfair wäre es, wenn wir ihn in der U15 spielen ließen"

Dortmund. Vor wenigen Tagen geriet der Nachwuchsfußball weltweit in die Schlagzeilen. Wie so oft ging es darum, ob bei Spielern, die eines Tages auf dem Markt Millionen erwirtschaften sollen, auch immer seriös mit dem Alter umgegangen wird.

Youssoufa Moukoko (r) von der U 17-Mannschaft von Borussia Dortmund. Er ist laut Geburtsurkunde erst zwölf Jahre alt, aber schon die Attraktion der Dortmunder U 17-Fußballer.

Youssoufa Moukoko (r) von der U 17-Mannschaft von Borussia Dortmund. Er ist laut Geburtsurkunde erst zwölf Jahre alt, aber schon die Attraktion der Dortmunder U 17-Fußballer.

Foto: Peter Ludewig

Um Sicherheit zu erlangen, ordnete die FIFA an, vor der U17-WM, die seit Samstag in Indien läuft, die Handknochen der teilnehmenden Spieler zu vermessen.

Diese Methode ist umstritten, wird aber trotzdem angewendet, weil es in der Vergangenheit zu viele Betrugsfälle gab. In den Meldungen fiel auch der Name Youssoufa Moukoko, was insofern erstaunlich ist, weil dieser Junge gar nicht an den Titelkämpfen teilnimmt.

Youssoufa Moukoko sorgt in der U17 von Borussia Dortmund für Furore, in acht Saisonspielen hat er 17 Treffer erzielt. Als er gegen Österreich erstmals in der deutschen U16 eingewechselt wurde, entschied der Stürmer kurzerhand mit zwei Treffern das Spiel. Wer diesen Jungen beobachtet, dem fallen diverse Vorzüge auf: Körperlich robust, clever im Zweikampf, technisch beschlagen. Vor allem aber: Instinktsicher, kaltschnäuzig und abgezockt vor dem Tor. „Er strahlt eine unglaubliche Torgefahr aus und ist in seinen Offensivaktionen für die gegnerische Verteidigung häufig unberechenbar”, sagt sein Trainer Sebastian Geppert.

Wirklich bemerkenswert wird dieses Talent, wenn man sein Geburtsdatum betrachtet: 20. November 2004. Youssoufa Moukoko ist gerade mal zwölf, das besagen die Papiere, die sein Vater Joseph vorlegt. Ausgestellt wurden sie im deutschen Konsulat von Youssoufa Moukokos Geburtsort Jaunde. Aufgewachsen bei den Großeltern, folgte der Deutsch-Kameruner vor drei Jahren seinem Vater nach Hamburg, spielte dort für den FC St. Pauli und wurde im vergangenen Jahr durch die Agentur „Sports United“ nach Dortmund vermittelt.

All die Tore und das Alter, das immer wieder in Zweifel gezogen wird, sorgen dafür, dass dieser Junge schon längst nicht mehr in der Anonymität Fußball spielt, die Kindern gerecht wird. Beim BVB reagieren sie genervt auf die Aufmerksamkeit, die um einen Spieler kreist, der wahlweise „Juwel”, „Wunderkind” oder „Supertalent” genannt wird. Junge Spieler gedeihen nun mal am Besten im Verborgenen, fernab der Mikrofone und Scheinwerfer, die das Milliarden-Business schon im Nachwuchsbereich bis in den letzten Winkel ausleuchten. Zu oft hat man erlebt, dass Teenager zu kommenden Weltstars hochgejazzt wurden und dann in der Versenkung verschwanden.

Das jüngste Beispiel ist Donis Avdijaj, der für die Schalker U17 44 Treffer in 25 Spielen erzielte und dessen Ablösesumme auf 50 Millionen Euro festgeschrieben wurde, obwohl er noch keine Sekunde in der Bundesliga gespielt hatte. Der „Spiegel” widmete Avdijaj eine Geschichte, seitdem fiel der junge Mann hauptsächlich durch Eskapaden auf. Zuletzt wurde der 21-Jährige nicht einmal mehr für gut genug befunden, in der Schalker Oberligamannschaft zu spielen.

Ähnliches soll Youssoufa Moukoko erspart werden, weshalb sie sich beim BVB redlich Mühe geben, die Nachrichtenlage zu verknappen. „Borussia Dortmund betreibt seit vielen Jahren keine Medienarbeit mit Talenten der U-Mannschaften”, teilt Pressesprecher Sascha Fligge auf Anfrage mit: „Wir haben eine Fürsorgepflicht gegenüber Minderjährigen und die Medien mehrfach gebeten, zu respektieren und zu beachten, dass sie es hier mit einem Kind zu tun haben.”

DFB-Trainer Michael Feichtenbeiner, der Youssoufa Moukoko in der deutschen U16 betreut, denkt ähnlich. Er begegnet dem Hype mit schwäbischer Gelassenheit: „Ich denke, zu der Personalie wurde mehr als genug gesagt”, betont der Stuttgarter und regt an, „die Sache jetzt mal ein bisschen zu beruhigen. Sonst tut man dem Jungen keinen Gefallen.”

Gerade im Fall von Youssoufa Moukoko fällt auf, dass sein Talent und die vielen Tore zwar Erwähnung finden, die Berichterstattung jedoch permanent von den Diskussionen um sein Alter überlagert wird. Es ist ein sensibles Terrain und ein gefährlich schmaler Grat zwischen gesunder Skepsis und pauschalen Vorurteilen, die Afrikaner unter Generalverdacht stellen, ihre Talente jünger zu machen, um sie besser auf dem europäischen Markt platzieren zu können.

Dabei erscheint es bei Youssoufa Moukoko gar nicht notwendig, der Debatte um das Geburtsdatum so viel Raum zu geben. Schließlich tritt der Stürmer in der U17 des BVB und in der U16-Nationalmannschaft an. Selbst wenn er älter als zwölf sein sollte, wäre der Verdacht einer Wettbewerbsverzerrung also obsolet, weil Youssoufa Moukoko seine Tore ohnehin nicht gegen Gleichaltrige schießt. Sein Vereinstrainer versucht, dem Thema die Brisanz zu nehmen. Es sei doch „schön, wenn ein Spieler vier Jahre lang in meiner Mannschaft spielen kann“, sagte Sebastian Geppert der Tageszeitung „Die Welt“. Geppert hält es für folgerichtig, seinen Stürmer im älteren Jahrgang spielen zu lassen: „Unfair wäre es bloß, wenn wir ihn in der U15 spielen ließen.“

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