Remis und doch gewonnen: Huck bleibt Champion

Erfurt (dpa) - Sie droschen wild aufeinander ein, ruderten mit den Armen wie Windkrafträder im Nordseesturm, stolperten dabei über ihre eigenen Füße und waren kurz davor zu kollabieren: Marco Huck und Ola Afolabi waren am Ende ihres WM-Kampfs eigentlich schon k.o., als sie sich immer noch prügelten.

Die 6500 Zuschauer in der Erfurter Messehalle gerieten schier aus dem Häuschen. Sie kreischten und johlten, was das Zeug hielt. Am Ende siegte keiner, es gab ein Unentschieden, doch Käpt'n Huck hatte gewonnen. Denn der Berliner Cruisergewichtler war als Weltmeister in den Ring gestiegen. Als solcher bleibt er bei einem Remis Champion.

Zwar hatte ein Punktrichter den Titelverteidiger mit 115:113 Punkten vorn, doch die Majorität - zwei Richter gaben 114:114 - bestimmt das Urteil. Das sind die Regeln.

Mit dem Ausgang des engen Gefechts konnten alle leben. „Ich bin ein Krieger im Ring. Ich wollte unbedingt den Titel behalten“, beteuerte Huck zwei Stunden nach Mitternacht, als er sich von der Schwerstarbeit erholt hatte. Während des Kampfes hatte er seinem Trainer schwer pumpend gestanden: „Ich bin müde.“ Der 32-jährige Brite Afolabi, der mit seiner schwarzen Hornbrille wie ein College-Student wirkte, wollte ebenfalls kein Haar in der Suppe suchen. „Ich bin mit dem Urteil zufrieden“, meinte der Sohn nigerianischer Eltern, rückte aber die Verhältnisse aus seiner Sicht gerade: „Hätte ich mehr Zeit gehabt, hätte ich Marco geschlagen.“

Im Privat-Duell der Trainer-Füchse Fritz Sdunek und Ulli Wegner steht es weiterhin unentschieden. Jeder verfügt über einen Sieg, eine Niederlage und ein Remis. „So wird keiner höher gestellt als der andere. Ich bin richtig glücklich“, meinte Huck-Coach Wegner, der neun Tage zuvor seinen 70. Geburtstag gefeiert hatte. Sdunek beförderte mit seiner Einschätzung einen feinen Unterschied zutage: „Ulli ist zufrieden, ich bin nicht unzufrieden.“

Als Anhänger des technisch geschliffenen Boxens missfiel Sdunek die teilweise wilde Keilerei. „Das war Boxen pur“, meinte der 65 Jahre alte Coach, der auch Schwergewichtschampion Vitali Klitschko betreut. „Leider war es nicht so, wie ich mir Boxen vorstelle. Sie haben sich zu viel an die Birne gehauen.“

Afolabi ist ein boxender Kämpfer, während Huck zur Kategorie Straßenschläger gehört. Taktische Marschrouten und Schlagvariabilität sind die Sache des gebürtigen Serben nicht. Mit seinen explosionsartigen Überfällen nach Windmühlenart kann der 27-Jährige aber jeden noch so feinen Techniker von den Beinen holen. „Ich habe einfach die Augen zugemacht und reingeknallt. Das kann ich sehr gut“, pries Huck seine schärfste Waffe. „Ein richtiger Marco-Huck-Fight. Da geht die Post ab“, schwärmte dessen Manager Wilfried Sauerland.

Seine Pflichtaufgabe erfüllt hat Robert Stieglitz. Der Magdeburger WBO-Weltmeister im Supermittelgewicht besiegte mit einer Fleißleistung den Australier Nader Hamdan einstimmig nach Punkten. Am 25. August kommt es nun zum Duell mit Ex-Champion Arthur Abraham. „Dieser Kampf wird die deutschen Boxsportfans mobilisieren. Das wird eine geile Quote“, verkündete Promoter Ulf Steinforth begeistert. Hucks TV-Zuschauerzahl war indes nur mittelprächtig: 3,72 Millionen.

Gedanken um seine Zukunft im Ring machen muss sich Alexander Dimitrenko. Der Hamburger verlor die Europameisterschaft im Schwergewicht gegen Sauerlands Bulgaren Kubrat Pulew durch K.o. in der elften Runde. „Dimitrenko hat einfach aufgegeben“, meinte Pulew-Trainer Otto Ramin verwundert. In der Tat ging der gebürtige Ukrainer nach einem Wischer entkräftet in die Hocke und ließ sich auszählen. Ursprünglich hatten die „Sauerländer“ über eine Verpflichtung Dimitrenkos nachgedacht. Jetzt nicht mehr.

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