Vom Schirmherrn

Nicht erst seit Brechts "Reden eines lesenden Arbeiters" ("Hannibal zog über die Alpen - allein? Aber einen Koch wird er doch wohl dabeigehabt haben?") wissen wir: Die großen Staatenlenker sind nichts ohne die zahllosen helfenden Hände des Volkes, die ihnen zuarbeiten.

Besonders exemplarisch war dieses Faktum am Montagabend in der Tagesschau zu bewundern: Angela Merkel hielt ihre bewegende Rede vor dem Brandenburger Tor. Neben der Nahaufnahme der Kanzlerin, immer im Bild, gerade so: eine Hand, die ihren Schirm hielt. Wohlgemerkt: Nur die Hand - der Mensch, zu dem sie gehörte, war offenbar der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit nicht würdig.

Mehr noch, wenn die Kamera in die Totale schwenkte, ließ sich erahnen: Des Mannes Schirm reichte nur für die Kanzlerin, der Mann selbst wurde nass. So flossen die Worte, so fiel der Regen - doch die Hand am Schirm im kalten Berliner Wetter, sie zitterte nicht. W.Zetti sendet an dieser Stelle einen anerkennenden Gruß an den unbekannten Schirmherrn - und hat wieder etwas gelernt über den Unterschied zwischen den Mächtigen und dem Fußvolk.

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