„Gut gemeint und voll daneben“ Oktoberfest 2017: Wiesn-Warnung an Schwule übertrieben?

München (dpa) - Auf dem Oktoberfest feiern sie einträchtig zusammen: unterschiedliche Hautfarben und Nationalitäten, Junge und Alte, Schwule und Heteros. Doch ausgerechnet für die Wiesn warnt nun eine Internetseite Schwule: Sie sollten sich lieber etwas zurücknehmen.

„Gut gemeint und voll daneben“: Oktoberfest 2017: Wiesn-Warnung an Schwule übertrieben?
Foto: dpa

„Nicht jeder Besucher des Oktoberfests ist so tolerant, dass er sich über schwule Männerpaare freuen kann“, mahnt „oktoberfestportal.de“, das neben den offiziellen Seiten der Stadt wie eine Reihe anderer Portale regelmäßig Tipps zum Oktoberfest (16. September bis 3. Oktober) gibt - und auch eine Seite „rosawiesn.de“ mit Terminen bestückt. Nun wird darüber debattiert, mehrere Medien berichten darüber.

Wie die Macher der Seite zu ihrer Warnung kamen, dazu wollten sie sich auf Anfrage nicht äußern. Sie rieten schwulen und lesbischen Besuchern aber, sie sollten „Augen und Ohren offen halten, ob Ihr für Gesprächsstoff sorgt. Das Bierzelt ist jedenfalls nicht der richtige Ort, um den Menschen Begriffe wie „Toleranz“ und „Gleichberechtigung“ zu erklären.“

Thomas Niederbühl, schwuler Münchner Stadtrat von der Rosa Liste, sieht die Sache entspannt. „Ein typisches Beispiel für mich für: gut gemeint und voll daneben“, sagt er. „Sie meinten, sie tun uns etwas Gutes, wenn sie uns zu Zurückhaltung auffordern. Das ist aber Quatsch.“ Schließlich wollten sich Schwule nicht verstecken. Und die Wiesn sei keineswegs für besondere Schwulenfeindlichkeit bekannt. „Ich kenne wenig Vorfälle auf der Wiesn, die als homophob zu bezeichnen wären.“

Am ersten Wiesn-Wochenende (16./17. September) hatten Schwule und Lesben ausgelassen wie eh und je gefeiert, offensichtlich unbehelligt. Rund 7000 Menschen kamen laut Wirt Georg Heide zum traditionellen Gay-Sonntag in die Bräurosl. Die Gäste, die zu dem schwulen Event aus ganz Europa anreisen, sind gerne gesehen: Sie seien angenehme Gäste und gäben großzügig Trinkgeld, sagte Heide.

Der Schwulen-Sonntag war aus einem Missverständnis entstanden: In den 1980er Jahren hatte sich laut Heide der „Münchner Löwen Club“ angemeldet - wobei der Wirt bei dem Namen an einen Fußballverein dachte. Erst danach wurde klar, dass es nicht um rundes Leder ging. Das sei aber auch recht gewesen, sagt Heide. Inzwischen gibt es ein weiteres großes schwul-lesbisches Treffen.

Gelegentlich sah man in früheren Jahren eine Drag-Queen über das Volksfest stöckeln, dieses Jahr waren auf dem Festgelände zumindest eine Handvoll Männer im Dirndl unterwegs. Welchen Hintergrund das Outfit auch immer hatte - von Übergriffen oder Beleidigungen wurde nichts bekannt. Den Beamten der Wiesnwache jedenfalls wurde kein Vorfall gemeldet. Auch in den Vorjahren spielte das Thema - anders als Taschendiebstähle und Maßkrugschlägereien - polizeilich keine größere Rolle.

Die Macher von „oktoberfestportal.de“ konstatieren immerhin, der - auch sonst ungebrochene - Trend zur Tracht mache „vor den schwulen Jungs“ nicht halt. Um traditionelles Brauchtum und Schwule hatte es vor Jahren eine Debatte gegeben: Es ging um die „Schwuhplattler“, eine schwule Schuhplattlergruppe, die bei Traditionsverbänden eher kritisch gesehen wurde. Inzwischen sind die „Schwuhplattler“ eine eigene Größe, vor einigen Jahren bekamen sie die Medaille „München leuchtet“.

Meistgelesen
Herbstzauber auf Sylt
WZ-Leser genießen eine fünftägige Sonderzugreise vom 6. bis 10. November Herbstzauber auf Sylt
Neueste Artikel
Tui und Airtours bieten Reisen nach
Tui neu mit Alaska und Lappland
TUI, DER Touristik, FTI und Alltours: Programm-Präsentationen mit neuen Zielen: Wer früh bucht, kann Geld sparenTui neu mit Alaska und Lappland
Per Steckenpferd zum Frieden
Mit einem ganzen Friedensjahr feiern Osnabrück und Umgebung das Jubiläum 375 Jahre Westfälischer Frieden Per Steckenpferd zum Frieden
Innsbruck, die Alpenhauptstadt
Bei unseren Städteempfehlungen für ein Wochenende geht es diesmal um das Zentrum Tirols Innsbruck, die Alpenhauptstadt
Zwischen Fiesta und Filmkulisse
Navarra: Impressionen aus Spaniens Norden – und aus einer Wüste, die eigentlich keine ist Zwischen Fiesta und Filmkulisse
Zum Thema
Altaussee und die Salzwelten lohnen einen
Der Schatz, verborgen im Berg
Bad Ischl und 22 weitere Gemeinden eröffnen neue Einblicke ins Salzkammergut. Erstmals ist eine alpine Region KulturhauptstadtDer Schatz, verborgen im Berg
Valencia, wie es grünt und knallt
Spaniens drittgrößte Metropole trägt dieses Jahr das Prädikat „Grüne Stadt“ – und feiert im März sein Traditionsfest, die „Fallas“ Valencia, wie es grünt und knallt
Aus dem Ressort