Berlin Was wird aus Angela Merkel?

Berlin · Die Kanzlerin heizt Spekulationen über ihre Zukunft an – um sie anschließend zu dementieren. Eins scheint klar: Die Kanzlerin plant ihren Unruhestand.

 Bald 65 Jahre alt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will für ein politisches Amt nach 2021 nicht mehr kandidieren.

Bald 65 Jahre alt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will für ein politisches Amt nach 2021 nicht mehr kandidieren.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Kaum vorstellbar ist, dass Templin das neue Oggersheim wird. Dort empfing der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) gerne Staatsgäste wie Michael Gorbatschow oder Bill Clinton. Auch während Kohls Ruhestand pilgerte der eine oder andere zum Bungalow in der Pfalz. Templin ist Angela Merkels Heimatort – und inzwischen scheint klar, dass das Städtchen in Mecklenburg-Vorpommern wohl auch künftig vom Polittourismus verschont bleiben wird.

Die Kanzlerin plant ihren Unruhestand

Die bald 65-Jährige noch amtierende Kanzlerin plant offenbar ihren Unruhestand. Zwei Sätze in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ vom Donnerstag sorgten für Aufregung und Spekulationen in Berlin: „Viele machen sich Sorgen um Europa, auch ich. Daraus entsteht bei mir ein noch einmal gesteigertes Gefühl der Verantwortung, mich gemeinsam mit anderen um das Schicksal dieses Europas zu kümmern.“ Das wurde als Andeutung verstanden, sie könnte nach dem Ende ihrer Kanzlerschaft einen wichtigen europäischen Posten in Brüssel annehmen wollen. Vielleicht sogar schon nach der Europawahl, wenn in der EU die Stellen neu vergeben werden. Zum Beispiel die des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk, der nicht wieder antreten kann. Wobei sich die Neubesetzung dieses Amtes noch bis zum Herbst hinziehen dürfte.

Darauf angesprochen, antwortete Merkel am Donnerstag bei einer Pressekonferenz mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, es gelte das, was sie im Zusammenhang mit ihrem Abschied vom Parteivorsitz und ihrer Entscheidung, bei der Bundestagswahl 2021 nicht mehr anzutreten, gesagt habe: „Nämlich, dass ich für kein weiteres politisches Amt, egal wo es ist, auch nicht in Europa, zur Verfügung stehe.“ Nach der Hessen-Wahl im Oktober letzten Jahres waren dies ihre Worte.

Doch in der Politik ist nichts in Stein gemeißelt. Und pikanterweise philosophierte kürzlich sogar ein enger Vertrauter der Kanzlerin im kleinen Kreis über die Brüsseler Möglichkeit. Das sei „die eleganteste Variante“ für einen vorzeitigen Wechsel im Kanzleramt. Wenn Merkel nach der Europawahl der Ruf aus Brüssel ereile, könne sie angesichts der unruhigen Zeiten in der EU und in der Welt nicht Nein sagen. Trotz aller Dementis.

Zudem gilt, wer einmal in der weltpolitischen Spitzenliga gespielt hat, der kann nicht von hundert auf null herunterfahren, der braucht eine Anschlussaufgabe. Manchmal geht es dann ums Geld, weshalb Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) seinerzeit beim russischen Konzern Gazprom anheuerte. Merkel mag man solche Motive nicht unterstellen, auch ein Wechsel in die Wirtschaft dürfte keine Option sein. Aber sich als „mächtigste Frau“ irgendwann einfach nur so zur Ruhe zu setzen, und sei es doch in Templin, ist auch bei ihr keine Option. Schon einmal wurde sie übrigens für eine neue Position gehandelt. 2015 ging das Gerücht um, sie könnte UN-Generalsekretärin werden. Damals war eine CDU ohne Merkel freilich undenkbar.

Das Modell Obama: Bücher schreiben, reisen, Vorträge halten

Merkel lässt sich jedenfalls nicht in die Karten blicken. Nicht in der Frage, wann und wie sie das Kanzleramt für ihre designierte Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer frei macht. Und auch nicht, mit welcher Aufgabe sie sich dann selbst beschäftigen möchte. Vielleicht will Merkel ja mit ihrem Mann Joachim Sauer, immerhin schon 70 Jahre alt, herumreisen, Bücher schreiben und Vorträge halten – sozusagen das Modell Obama. Klar ist nur eins: Sie will alles so regeln, dass weder ihre Partei noch das Land in chaotische Situationen kommen. Das zumindest kann man ihr aufs Wort glauben.

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