NRW : Haushaltsdebatte: Landtag wird zur Wahlkampfarena
Bevor Rot-Grün den Haushalt 2017 verabschiedet, gibt es viele gegenseitige Vorwürfe.
Düsseldorf. Haushaltsdebatte — das heißt nicht, wie man meinen könnte, dass über trockene Zahlen, über Millionen und Milliarden gesprochen wird. Haushaltsdebatte, das heißt vor allem, dass politisch abgerechnet wird. Wie am Mittwoch im NRW-Landtag, wo sich die erste Reihe der Fraktionen altbekannte Vorwürfe und die Konter darauf an den Kopf wirft. Was Piraten-Fraktionschef Michele Marsching zu der Bewertung „Bullshit“ bringt. Folge ist ein Ordnungsruf von Landtagsvize Gerhard Papke (FDP).
Armin Laschet (CDU) eröffnet die Debatte damit, was Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) später als „Schlusslichtgequatsche“ bezeichnet. Die rot-grüne Regierung habe das Land in zentralen Feldern auf die Schlusslichtplätze im deutschen Ländervergleich geführt: Bei Landesfinanzen, Wirtschaftswachstum, Innerer Sicherheit und Bildung. Laschet zitiert eine Bürgerin, die ihm geschrieben habe: Kürzlich sei Hannelore Kraft doch beim Papst gewesen und habe diesem mit Blick auf die NRW-Bergbaugeschichte eine Grubenlampe überreicht. Es wäre doch wohl viel klüger gewesen, wenn sie eine rote Laterne mitgenommen hätte — als Symbol für NRW, macht sich Laschet den Gag zu eigen.
Der passt gut in seine Argumentation, in der er Rot-Grün vorwirft, man habe es trotz Steigerung der Steuereinnahmen und niedriger Zinsen nicht geschafft, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Laschet beklagt die hohe Gewerbe- und Grundsteuer. Er fordert einen Freibetrag für junge Familien bei der Grunderwerbsteuer. Verlangt schnellere Genehmigungsverfahren, damit sich mehr Unternehmen ansiedeln. Ab Mai (Termin der Landtagswahl) müsse es heißen: „Jetzt hört die Rederei auf, jetzt ist Schluss, Arbeitsplätze haben jetzt Priorität.“ Laschet kommt auf die Hygieneampel zu sprechen, „und solche Phantasmen, die sich der grüne Umweltminister Remmel jede Woche ausdenkt“. Er kritisiert die grüne Schulministerin Sylvia Löhrmann wegen der Inklusion, wegen des gemeinsamen Unterrichts von Behinderten und Nicht-Behinderten. Es dürften keine Förderschulen mehr geschlossen werden. Innenminister Ralf Jäger (SPD) nimmt er für das Vorhandensein von „Angsträumen“ bzw. „No-Go-Areas“ in Ruhrgebietsstädten in die Verantwortung, fordert Bodycams für Polizisten, Videobeobachtung und Schleierfahndung.
Als erster antwortet SPD-Fraktionschef Norbert Römer und attackiert Laschet genüsslich dafür, dass dieser kürzlich auf die Frage, welche Sparvorschläge er denn für den Fall einer Regierungsübernahme habe, gesagt hatte: „Ich bin sicher, dass sich beim Kassensturz nach der Landtagswahl einiges finden lässt, was eingespart werden kann.“ Wer immer die Rolle eines Finanzministers in Laschets Schattenkabinett übernehme, so Römer, „es wird ein Schattenminister für Finanzen und Zauberei sein müssen.“
FDP-Chef Christian Lindner wiederum kritisiert, bundespolitisch habe NRW an Gewicht verloren. Er spricht von einem Scherbenhaufen in der Schulpolitik. Die Wirtschaft mache einen Bogen um NRW. Der Schuldenberg sei um 19 Milliarden Euro seit 2010 gewachsen: „143 Milliarden Euro Schuldenstand. Das ist die Schuldenbilanz des Kabinetts Kraftikakis. Griechische Verhältnisse am Rhein.“