Verflechtungen von Contergan-Stiftung und Hersteller? - Gericht sieht Verbindungen

Die Conterganstiftung zahlt Renten an die Conterganopfer aus. Es gab Verflechtungen mit dem Verursacher des Arzneimittel-Skandals, Grünenthal, stellte nun ein Gericht fest.

Verflechtungen von Contergan-Stiftung und Hersteller? - Gericht sieht Verbindungen
Foto: Frank Leonhardt/dpa

Köln. Zwischen dem Conterganhersteller Grünenthal und der Conterganstiftung hat es Verflechtungen gegeben. Das geht aus einer rechtlichen Einschätzung des Oberlandesgerichts Köln von Donnerstag hervor. Der frühere Justiziar von Grünenthal habe von 1972 bis 2003 als Vorsitzender der medizinischen Kommission der Conterganstiftung Zugang zu den medizinischen Akten der Conterganopfer gehabt, stellte die Vorsitzende Richterin Magarethe Reske in der mündlichen Verhandlung fest. Die Stiftung zahlt unter anderem Renten aus Steuermitteln an die Betroffenen aus.

Der Contergangeschädigte Andreas Meyer hat behauptet, dass Conterganhersteller Grünenthal unter anderem 30 Jahre lang in der Conterganstiftung Zugang zu medizinischen Akten der Opfer gehabt und auch die medizinischen Gutachter der Stiftung bezahlt habe. In dem Prozess wehrt Meyer sich gegen den Vorwurf, dass diese Behauptung von ihm unwahr sei.

Der Contergangeschädigte Andreas Meyer hat behauptet, dass Conterganhersteller Grünenthal unter anderem 30 Jahre lang in der Conterganstiftung Zugang zu medizinischen Akten der Opfer gehabt und auch die medizinischen Gutachter der Stiftung bezahlt habe. In dem Prozess wehrt Meyer sich gegen den Vorwurf, dass diese Behauptung von ihm unwahr sei.

Foto: Oliver Berg

Es gebe nichts daran zu deuteln, dass der Kommissionschef in der Stiftung auch Mitarbeiter von Grünenthal war, stellte die Richterin fest. Die Sensibilität in Deutschland für eine solche Doppelfunktionen sei erst in den Jahren danach stark gewachsen. „Die Sichtweise hat sich verschärft, und zwar zu Recht“, sagte die Vorsitzende Richterin. Grünenthal habe auch indirekt Geld an die Gutachter der medizinischen Kommission gezahlt.

Der Contergangeschädigte Andreas Meyer habe 2013 als Sachverständiger vor dem Familienausschuss des Bundestags die Wahrheit gesagt, machte die Richterin deutlich. Ein früherer Stiftungsvorstand hatte das bestritten. Meyer, der Vorsitzender des Bund Contergangeschädigter und Grünenthalopfer ist, klagt auf Unterlassung und Widerruf. Vor dem Landgericht Bonn hatte er nur teilweise Recht bekommen. Meyer und auch der frühere Stiftungsvorstand gingen in Berufung. Das Urteil vor dem Oberlandesgericht soll am 15. März ergehen.

Die Conterganstiftung wurde infolge des größten Arzneimittel-Skandals der deutschen Nachkriegsgeschichte gegründet, um finanzielle Mittel gerecht an die Opfer zu verteilen. Etwa 5000 Kinder in Deutschland waren durch das Schlafmittel Contergan mit schweren Missbildungen an Armen und Beinen auf die Welt gekommen. Die rund 100 Millionen Mark von Grünenthal, die aus einem gerichtlichen Vergleich in die Stiftung flossen, sind längst aufgebraucht. Die Stiftung steht unter der Rechtsaufsicht des Bundesfamilienministeriums.

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