Fünf-Prozent-Hürde spaltet Opposition

Linken-Chef Bernd Riexinger geißelt die Klausel als „undemokratisch“. Grüne warnen vor der ewigen großen Koalition.

Fünf-Prozent-Hürde spaltet Opposition
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Berlin. Die Oppositionsparteien im Bundestag kommen lediglich auf ein Fünftel aller Sitze. Und als wäre das nicht schon trostlos genug, sind sich Linke und Grüne auch noch untereinander spinnefeind. Nun ist die Opposition auch beim Wahlrecht gespalten.

„Die Fünf-Prozent-Hürde ist ein undemokratischer Anachronismus“, erklärte Linken-Chef Bernd Riexinger gestern in einem Zeitungsinterview. Anlass für seinen Vorstoß war das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl für nichtig erklärt hatte.

Die grüne Reaktion kam prompt: „Riexinger verkennt Sinn und Zweck des Wahlrechts“, meinte der innenpolitische Sprecher Volker Beck. Denn Wahlen sollten auch zu handlungsfähigen parlamentarischen Mehrheiten führen. Wer jedoch wie die Linke „kein Interesse daran hat, Regierungspolitik über eine parlamentarische Mehrheit mitzugestalten, wird dem Ziel der Handlungsfähigkeit naturgemäß keine Priorität einräumen“, schimpfte Beck. Von einer rot-rot-grünen Machtoption, so scheint es, sind zumindest Grüne und Linke noch weit entfernt.

Dabei war die Öko-Partei über viele Jahre hinweg selbst erklärte Gegnerin der Fünf-Prozent-Hürde gewesen. Daran erinnerte der Grünen-Politiker Christian Ströbele im Gespräch mit unserer Zeitung. „Doch nachdem wir uns relativ sicher waren, wieder ins Parlament einzuziehen, haben wir das nicht mehr weiter verfolgt“, bekannte er.

So kam es auch, dass die Grünen im Juni 2013 gemeinsam mit Union, SPD und FDP für die (inzwischen höchstrichterlich kassierte) Einführung einer Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl stimmten — bis auf Ströbele, der mit „Nein“ votierte. Die Linksfraktion lehnte die Gesetzesänderung damals geschlossen ab. Ströbele rechnet nun fest damit, dass die Fünf-Prozent-Hürde für die Bundestagswahl in Karlsruhe landen wird.

Bei der Bundestagswahl waren fast sieben Millionen Wählerstimmen unter den Tisch gefallen. Sie hatten sich vornehmlich auf die FDP und die euro-kritische AfD verteilt. Beide Parteien kamen aber jeweils auf weniger als fünf Prozent der Stimmen. Ohne jegliche Sperrklausel wären jetzt 19 statt fünf Parteien im Bundestag vertreten.

Aus Sicht des Grünen-Innenexperten Beck würde eine solche Zersplitterung jedoch gerade kleinere parlamentarische Mehrheiten erschweren. „Und das birgt die Gefahr, dass man sich permanent in große Koalitionen rettet, die eigentlich den Wählerwillen politisch neutralisieren“, gab Beck zu bedenken.

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