Deutschland investiert zu wenig : DIW-Chef: Schuldenschnitt für arme Kommunen notwendig
Düsseldorf Marcel Fratzscher: Städte brauchen mehr Spielraum für Investitionen. Studie zeigt, dass Deutschland von der Substanz lebt.
Obwohl Deutschland Überschüsse erzielt, verfällt an vielen Stellen die Infrastruktur. Straßen, Schienen, Schulen und Breitbandnetze sind oft in einem schlechten Zustand. „Deutschland hat seit vielen Jahren eine massive Investitionsschwäche“, sagt Marcel Fratzscher auf Anfrage dieser Zeitung. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW/Berlin) fordert, dass Staat und Unternehmen mehr investieren, „um unsere Wirtschaft auch langfristig wettbewerbsfähig zu halten und den Wirtschaftsstandort zu sichern“.
Laut Fratzscher ist das Problem der Investitionsschwäche bei den Kommunen in West- und Norddeutschland besonders ausgeprägt. Viele Städte und Gemeinden seien überschuldet und könnten ihren Aufgaben immer weniger gerecht werden. „Viele Kommunen brauchen mehr Unterstützung vom Land und vom Bund – und einen Schuldenschnitt, um wieder eigenverantwortlich handeln zu können“, fordert der DIW-Chef. „Der Staat lebt von seiner Substanz, trotz riesiger öffentlicher Überschüsse in den öffentlichen Kassen.“
Studie belegt, wie groß
der Nachholbedarf ist
Die Meinung, dass Bund, Länder und Gemeinden die Infrastruktur vernachlässigen, wird von anderen Ökonomen geteilt. „Die öffentlichen Investitionen wurden in der Vergangenheit auf die lange Bank geschoben, was dazu geführt hat, dass die Substanz bei Verkehrswegen und öffentlichen Gebäuden aufgezehrt und der dringende Ausbau der digitalen Infrastruktur versäumt wurde“, urteilt Martin Beznoska vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW/Köln).