Interview Warum der SPD-Generalsekretär Merkel scharf kritisiert

Berlin · Der SPD-Generalsekretär hält der Kanzlerin vor, im Fall Maaßen nicht durchzugreifen.

In der Debatte um Hans-Georg Maaßen hat sich die SPD darauf versteift, den Verfassungsschutzpräsidenten aus dem Amt zu bekommen.

In der Debatte um Hans-Georg Maaßen hat sich die SPD darauf versteift, den Verfassungsschutzpräsidenten aus dem Amt zu bekommen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Der Streit um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hält die Koalition aus Union und SPD weiter in Atem. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil erläutert im Gespräch mit unserer Redaktion, warum seine Partei auf die Ablösung Maaßens pocht. Der Kanzlerin attestiert er Führungsschwäche.

Herr Klingbeil, ist die Koalition noch zu retten?

Lars Klingbeil: Für die SPD ist klar, dass Herr Maaßen gehen muss. Er ist in seinem Amt untragbar. Bis heute hat er für seine öffentlichen Behauptungen keine Belege geliefert.

Wenn Maaßen nicht entlassen wird, lässt die SPD dann die Koalition platzen?

Klingbeil: Frau Merkel muss jetzt zügig entscheiden, was aus Herrn Maaßen wird. Das haben wir ihr auch sehr deutlich gesagt.

Attestieren Sie der Kanzlerin Führungsschwäche?

Klingbeil: Es hat Bundeskanzler vor Frau Merkel gegeben, die es sich nicht hätten gefallen lassen, von einem Behördenchef in dieser Art vorgeführt zu werden. Das Schlimme ist, dass Maaßen ihre Autorität untergraben hat, ohne Belege dafür zu liefern. Und Frau Merkel lässt das einfach so geschehen. Wenn sie als Kanzlerin nicht noch weiter beschädigt werden will, muss sie dafür sorgen, dass Herr Maaßen geht.

Warum verkämpft sich die SPD bei einer Personalfrage? Glauben Sie, so aus dem Umfragetief zukommen?

Klingbeil: Es geht nicht um Umfragen, sondern darum, das Richtige zu tun. Herr Maaßen hat sich nach den Vorfällen in Chemnitz zum Stichwortgeber rechter Verschwörungstheorien gemacht. Er hat nicht das erste Mal seine Kompetenzen überschritten. Deswegen ist es jetzt Aufgabe der SPD als Regierungspartei ganz klar zu bewerten, ob er noch unser Vertrauen hat. Und das hat er nicht mehr.

Wie würden Sie denn den Zustand der Koalition im Moment beschreiben?

Klingbeil: Wir haben als SPD noch viel vor in dieser Regierung, etwa bei der Rente oder beim Mieterschutz. Die Menschen erwarten zu Recht, dass wir uns um diese Dinge kümmern. Deshalb hoffe ich, dass die Kanzlerin die Kraft hat, die Situation jetzt schnell zu klären.

Belastet das Agieren von Innenminister Horst Seehofer das Koalitionsklima?

Klingbeil: Ja. Herr Seehofer hat bereits vor der Sommerpause die Regierung über Wochen blockiert. Ich möchte nur daran erinnern: Es ging damals um drei bis fünf Flüchtlinge, die täglich über Österreich nach Bayern kommen. Ich hatte gehofft, die Sommerpause täte ihm gut. Das ist leider nicht der Fall gewesen. Es ist nicht einfach für die Koalition, wenn der Bundesinnenminister immer wieder mit Querschüssen kommt, statt seinen Job ordentlich zu machen.

Nutzt das ganze Koalitionstheater nicht vor allem der AfD?

Klingbeil: Wenn wir über die Probleme reden, die die Menschen wirklich beschäftigen – über Rente, Mieten, Pflege, Bildung – bekommen wir die AfD auch wieder klein. Leider hat das noch nicht jeder in der Bundesregierung begriffen.

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