Migrationsdebatte : Bundestag: AfD nutzt Chemnitz zur Provokation
Im Parlament wollen die Rechten den Bundespräsidenten an den Pranger stellen. Schäuble hält mit markigen Worten dagegen.
Berlin. Die AfD ging am Dienstag in die Offensive. Erst trat die Fraktionsführung um Alexander Gauland und Alice Weidel vor die Presse, anschließend erhob Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann im Bundestag schwere Vorwürfe gegen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Ereignisse in Chemnitz erhitzten zu Beginn der Haushaltswoche die Gemüter. Doch einer mahnte — wieder einmal Wolfgang Schäuble. Und das in alle politischen Richtungen.
Mit eindringlichen Worten eröffnete der Parlamentspräsident die erste Sitzung nach der Sommerpause. Mit Blick auf Chemnitz müsse man unterscheiden „zwischen den unentschuldbaren Gewaltexzessen und den Sorgen, die viele Bürger umtreiben“. Vor drei Jahren, so Schäuble weiter, habe er angesichts des großen Zustroms von Flüchtlingen von einem „Rendezvous mit der Globalisierung“ gesprochen. Erst jetzt sei erkennbar, „welche Auswirkungen das auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land hat“.
Schäuble, ein Vertrauter der Kanzlerin, hat die Flüchtlingspolitik Angela Merkels immer kritisch gesehen. Als er in der letzten Legislaturperiode noch Finanzminister gewesen ist, forderte er mehr innenpolitische Maßnahmen zur Begrenzung der Einwanderung. Auch deutete er an, Merkel habe wie eine „Skifahrerin eine Lawine“ ausgelöst. Dafür entschuldigte er sich später. Im Bundestag erklärte Schäuble weiter: „Wir müssen bei der Durchsetzung des Rechts besser werden. Schnell, konsequent, sichtbar.“
Dafür gab es Applaus von allen Seiten. Genauso wie für die Aufforderung, dass es für Ausländerfeindlichkeit, Hitlergrüße, Nazisymbole und Angriffe auf jüdische Einrichtungen „weder Nachsicht noch verständnisvolle Verharmlosung“ geben dürfe. Zu oft würden überdies friedliche Demonstrationen von Gewalttätern als Schutzraum missbraucht. „Da gibt es zwischen gewalttätigen Chaoten bei Linksextremen und Nazi-Parolen bei Rechtsextremen keinen Unterschied.“ Zu guter Letzt ergänzte Schäuble: „Wir brauchen keine Revolution. Sondern einen starken und toleranten Rechtsstaat.“
Eine klare Absage war das in Richtung des AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland, der letzte Woche in einem Interview eine „friedliche Revolution“ gefordert hatte gegen das „System Merkel“.