Ein Kaffee mit Diana Kinnert Paradiesvogel: Diana Kinnert könnte der neue Star der CDU werden

Die Wuppertalerin Diana Kinnert könnte der neue Star der CDU werden — wenn sie will und wenn ihre Partei das aushält. Das steht noch in den Sternen.

Ein Kaffee mit Diana Kinnert: Paradiesvogel: Diana Kinnert könnte der neue Star der CDU werden
Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Während des Semesters in Berlin kann es geschehen, dass jemand sich freundlich angeregt mit Diana Kinnert unterhält, das Gespräch dann aber abrupt beendet und den Tisch verlässt. Dann nämlich, wenn sie erwähnt, dass sie für ihre Zukunft schwarz sieht, politisch. Diana Kinnert ist in der CDU. Das kommt in Berlin-Kreuzberg nicht immer gut an.

Dabei tut die 26 Jahre alte Wuppertalerin alles, nicht als konservativ aufzufallen. Die Mütze trägt sie mit dem Schirm Richtung rechte Schulter, der Blouson ist leger weit geschnitten und grün, das T-Shirt schwarz, die Hose grün-schwarz gestreift. Das Tattoo am Unterarm ist eine geschmackvolle Arbeit. Sie zeigt das Antlitz Jesu Christi, unaufdringlich und erst bei genauerer Betrachtung überhaupt sichtbar. Und wenn Diana Kinnert spricht, redet da eine dynamische, sympathische, attraktive junge Frau, die weiß, wovon sie spricht, die weiß, was sie will — die weiß, dass und wie sie wirkt.

Die Politikwissenschaftlerin erinnert an alles, nur nicht an die Christlich Demokratische Union, nicht an eine Partei, die überwiegend von Herren in grauen Anzügen repräsentiert und von einer Dame im Hosenanzug geführt wird. Und doch ist die flippig wirkende Studentin Teil der CDU, aus Überzeugung. Und spätestens seit sie vor ein paar Tagen ihr Buch „Für die Zukunft sehe ich schwarz“ veröffentlicht hat, ist sie auch ein Medienstar. Die „Zeit“, die Berliner „Taz“, die „Welt“ und andere Zeitungen widmeten ihr bereits ganze Seiten, Rundfunk- und Fernsehanstalten bemühen sich um Termine. So ist die CDU schließlich noch nie aufgetreten. Jetzt macht sie es, und noch weiß niemand, wohin das führt. Bis auf Diana Kinnert, zumindest mittelfristig. „Bei dieser Wahl sehr wahrscheinlich noch nicht“, sagt sie auf die Frage, ob es sie nun in den Bundestag zieht. Kinnert will keine zweite Andrea Nahles werden, will sich erst im Berufsleben beweisen, ehe die Politikerkarriere beginnt, wenn sie denn beginnt.

Wenn die Wuppertalerin erzählt, dann hört sich das an wie der Parforceritt eines hyperaktiven Multitalents. Mit Geschäftspartnern, etwa der Sängerin Nena, betreibt sie in Berlin „Green Window“, eine Online-Plattform für grüne Produkte. Sie produziert englischsprachige Filme für eine eigene Internet-Plattform. Außerdem berät sie eine amerikanische Denkfabrik, sie schreibt, und in diesen Tagen ist sie in den USA Gast von Google. „Die haben mich zu einem Workshop über Ethik im Digitalen eingeladen“.

Wie kommt so ein Mensch in eine konservative Partei? Auf Diana Kinnert passt die politische Farbenlehre nicht. Grün, gelb, schwarz, rot — viele Themen mündeten in die christliche Soziallehre. „Ich fühle mich der CDA nahe, den schwarzen Gewerkschaftern. Ich finde aber auch große Schnittmengen mit der FDP, zum Beispiel beim Thema Sterbehilfe oder auch bei der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft“, erklärt Kinnert. Sie ist Katholikin, doch in solchen Fragen mit dem klerikalen Teil ihrer Partei uneins. „Politisch bin ich wohl eher eine Protestantin“, sagt die Tochter eines Wuppertaler Justizvollzugsbeamten und einer Philippinin. Sie meint lebensnäher, den Menschen zugewandter, moderner.

„Manche sagen, ich sei ein trojanisches Pferd“, sagt Kinnert über ihren Status in der CDU. Sie macht es ihrer Partei auch nicht leicht. Sie ist konservativ, denkt aber progressiv. Dass sie grüne Produkte vermarktet, bedeutet nicht, dass sie politisch grüne Anwandlungen hätte. Kinnert lehnt ökologisch-moralische Zeigefinger ebenso ab wie jedwede Form von Bevormundung. Sie setzt auf Vernunft, wenn andere stumpf ihre Ideologien vorbeten, sie ist für die Legalisierung von Marihuana, aber eben auch für die Grundwerte, die ihre CDU vertritt. Was sie auch in ihrer Partei von Zeit zu Zeit erlebt, hat ihr größer Förderer vorhergesagt. Das müsse sie aushalten, sagte Peter Hintze, wenn wieder einmal ein Parteifreund Anstoß genommen hatte am Auftreten des ungewöhnlichen Parteimitglieds. Die junge Frau hat bis zum Tode Hintzes in Dezember vergangenen Jahres in dessen Büro gearbeitet.

Diana Kinnert wird durchhalten. Das steht für sie fest. Und sie wird der CDU treu bleiben. „Was ich über die CDU der vergangenen 60 Jahre gelesen habe, sagt mir, dass ich dabei bleiben werde.“ Für das Enfant terrible der Union ist die CDU keine rein konservative, sondern eine bürgerlich-liberale, christlich-soziale Volkspartei, die all das in sich vereinen kann, was eine Gesellschaft ausmacht. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass eine andere Wuppertalerin ihr als eine Art Vorbild, als Leitplanke dient. Rita Süßmuth entspricht weitgehend dem, was sie sich unter ihrer CDU vorstellt. Auch Angela Merkel beeindruckt Kinnert. „Sie ist offen im Kopf.“

So ist auch die Studentin politisch unterwegs. Dass Konrad Adenauer mit „Keine Experimente“ einmal Wahlkampf gemacht hat, ist für sie heute ein Anachronismus. „Wir müssen Experimente wagen“, sagt sie.

Diana Kinnert wagt sie. Sie denkt die CDU anders. Kunterbund ist das neue Schwarz. Und es ist vermutlich nur noch eine Frage der Zeit, dass die lebhafte junge Frau aus Wuppertal mehr ist als ein Farbklecks in der letzten ganz großen Volkspartei Deutschlands — wenn sie es will.

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