Online-City: Abmahnanwälte schocken Händler im Internet

Kleine Tippfehler im Netz können Anbieter mehrere 1000 Euro kosten. So erging es auch Wuppertalern.

Symbolbild.

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Foto: Arno Burgi

Nach einer Studie des Händlerbundes hat im vergangenen Jahr fast jeder dritte Onlinehändler mindestens eine Abmahnung erhalten. Die Betroffenen zahlen in der Regel mehrere tausend Euro an den abmahnenden Anwalt. Die Gründe für die unerfreuliche Post können ein fehlerhaftes Impressum, intransparente Preisangaben oder unlautere Werbeaussagen sein.

Diese Fehler passieren nicht nur grob fahrlässigen Händlern — viel mehr ist kaum jemand vor den juristischen Forderungen sicher. Der Wuppertaler Taschenhändler Michael Frieling hat bereits drei Abmahnungen bezahlt. „Das waren jedes Mal rund 1000 Euro“, sagt er. Einmal kürzte der Wuppertaler im Netz die unverbindliche Preisempfehlung lediglich mit „UVP“ ab und bekam umgehend Anwaltspost. Ein anderes Mal verkaufte Frieling bei Amazon die gleiche Tasche wie ein Mitbewerber und gab den Artikel unter der gleichen Artikelnummer an. Durfte er aber nicht — weil sich der große Anbieter diese Nummer hat schützen lassen. „Es war aber die gleiche Tasche“, sagt Frieling.

„Das Abmahnen von Onlinehändlern liegt absolut im Trend“, sagt Händlerbund-Sprecherin Franziska Ulbricht. Das liege daran, dass der Markt so schnell wachse und der Wettbewerbsdruck unter den Händlern zunehme. „Oftmals werden sehr geringe Verstöße an den Anwalt weitergegeben, um die Konkurrenz zu schwächen“, sagt Ulbricht. Da kann selbst ein Rechtschreibfehler bei den Inhaltsstoffen zu einem Abmahngrund werden. Oder wenn der Verkäufer unterlässt, die Mehrwertsteuer auszuweisen. Doch nicht nur Händler nehmen andere Händler ins Visier. Es gebe auch Anwaltskanzleien, die es sich allein zur Aufgabe gemacht haben, das Internet nach Fehlern zu durchsuchen. Das Geschäft ist lukrativ: Die Abmahngebühr streichen sich die Anwälte selbst ein.

Ulbricht warnt davor, die Schreiben einfach in den Papierkorb zu werfen. „In den meisten Fällen sind die Abmahnungen gerechtfertigt“, sagt sie. Auch sollten Händler nicht einfach eine Unterlassungserklärung unterschreiben, in der sie sich verpflichten, das Vergehen nicht zu wiederholen. Oft seien die Regeln darin nämlich so streng formuliert, dass die Gefahr groß ist, erneut einen Verstoß zu begehen. Und dann kann es richtig teuer werden. Der Händlerbund rät, sich sofort einen Anwalt zu besorgen — und den Onlineauftritt am besten gar nicht erst ohne rechtliche Hilfe aufzubauen. Die kann auch über starke Partner wie den Händlerbund oder die IHK kommen.

Auch bei Weinhändler Peter Bothmann vom Boda Weinhaus flatterten schon zwei Abmahnungen ins Haus. Einmal habe er knapp 2000 Euro gezahlt, weil er die Adresse eines Winzers nicht an der richtigen Stelle angegeben hatte. Ein zweites Mal sei es sogar um eine fast fünfstellige Summe gegangen, als Bothmann im Netz seine eigens gegründete Weinmesse „Vino Lucion“ ankündigte und damit die Begehrlichkeiten eines Herstellers von Weingläsern weckte, der eine Produktserie mit einem ähnlichen Namen im Programm hat.

Für das Geschäft mit den Abmahnungen hat Bothmann kein Verständnis: „Das ist Abzocke hoch zehn.“ Die Angst vor den horrenden Abmahngebühren sei auch ein Grund, warum sich kleine lokale Händler nicht ins Internet trauen. Das hat der ehemalige Vorsitzende der Plattform Online-City Wuppertal (OCW) schön häufig gehört. Dabei sichere OCW seine Mitglieder schon einmal mit einem Rechtsschutz ab.

Händler sind so oder so gut beraten, sich mit Kollegen über die neusten Gesetze auszutauschen: „Es gibt ja fast wöchentlich neue Regelungen.“ Der Händlerbund wirbt für einen faireren Umgang im Netz mit der Konkurrenz. Bereits 50 000 Fürsprecher haben sich der „Initiative FairCommerce — für Fairness und gegen Abmahnmissbrauch” angeschlossen.

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