Konzept gegen die Tristesse der leeren Schaufenster

Geschäftssterben: Die Zwischennutzungsagentur sorgt dafür, dass in leeren Läden neues Leben einkehrt.

Wuppertal. Leer stehende Geschäfte bieten keinen schönen Anblick. Ein Schaufenster ohne Auslage, eine verschlossene Tür und dahinter Dunkelheit: bonjour tristesse. Ein solcher Eindruck kann eine ganze Straße leblos und heruntergekommen wirken lassen - und sowohl Lebensqualität als auch wirtschaftliche Attraktivität eines Viertels negativ beeinflussen.

Allein in den Stadtquartieren Arrenberg, Nordstadt, Unterbarmen, Oberbarmen/Wichlinghausen und Ostersbaum gibt es 250 Ladenlokale, in denen gähnende Leere herrscht.

Wuppertal hat diesen unerfreulichen Trend erkannt und vor einem Jahr die "Zwischennutzungsagentur" aus der Taufe gehoben. Die soll sich dafür einsetzen, dass in den leer stehenden Geschäften wieder Leben einkehrt - also neue Nutzer einziehen, vorübergehend oder gar langfristig.

Nun hat genau diese Agentur Zwischenbilanz gezogen und dabei beweisen können, dass man der Abwärtsspirale nicht ohnmächtig gegenüber steht. Dank des Engagements der Agentur, die als Vermittler zwischen Eigentümern und Nutzungsinteressenten auftritt, sind in bislang 26 leere Läden neue Nutzer eingezogen - sechs von ihnen wollen langfristig bleiben.

Als "ausgesprochen erfolgreich" stuft Gaby Schulten vom zuständigen Dienstleistungsbüro "Org Beratung" denn auch das eingefahrene Ergebnis ein. Kein Wunder, darf es doch als Beleg gelten, dass das Konzept der Zwischennutzungsagentur ankommt.

Deren Modell sieht vor, dass die neuen Nutzer nur die Betriebskosten der Geschäftsräume bezahlen, zunächst aber kaum oder gar nicht für die Miete aufkommen müssen. Darüber hinaus ist der Mietvertrag vergleichsweise unverbindlich und bloß auf einen kurzen Zeitraum angelegt.

Dadurch hat der Eigentümer die Möglichkeit, den Nutzern wieder zu kündigen, falls in der Zwischenzeit ein zahlungskräftigerer Interessent daherkommt, der die Ladenfläche auch langfristig und für einen üblichen Mietpreis übernehmen würde. Zugleich besteht aber auch für den vorübergehenden Nutzer die Option, das Objekt langfristig zu mieten - wenn er denn will.

Der Vorteil des Prozederes: "Die Passanten sehen, dass in dem Lokal etwas passiert, kein Stillstand herrscht und nichts verkommt. So kann der Wert des Objekts aufrecht erhalten werden - was gut für den Eigentümer ist. Zugleich bleibt das Viertel lebendig", sagt Schulten.

Die Neulinge sind buntscheckig: Darunter sind Existenzgründer, die ein kleines Unternehmen aufziehen wollen - aber auch Künstlerintiativen und Theatergruppen, die die leeren Läden vorübergehend als Ausstellungsfläche oder Aufführungsort verwenden.

So wurde in einem Geschäft in der Elberfelder Nordstadt die Ausstellung "Gerüch(t)eküche" präsentiert. Ein Geschäft an der Nützenberger Straße hat vor kurzem ein Theaterprojekt der Ganztagsgrundschule zum Proberaum erkoren. So wird aus einem tristen Ort eine Keimzelle für Kreativität.

An der Brunnenstraße in der Nordstadt haben sich zwei Grafiker niedergelassen, die dort ihr Freelancer-Büro eingerichtet haben. Sie meinen: "Wir können uns gut vorstellen, auch länger zu bleiben." Wenn sie sich so entscheiden, wäre das ein gelungenes Beispiel für die langfristige Rettung des Straßenbilds.

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