Im endlosen weißen Nichts: „Ohne Kompass geht gar nichts“

Grönland-Expedition: Jeden Morgen standen Martin Hülle und Jerome Blösser um 7 Uhr auf, dann wurde Schnee geschmolzen.

Wuppertal. Grönland zu beschreiben, fällt Martin Hülle nicht leicht. Dabei ist er Experte: Gerade ist der 34-Jährige von einer Expedition zurückgekehrt. "Grönland, das ist endlose Weite und ewiges Eis. Scheint die Sonne, ist sie der markante Punkt am Himmel. Sonst bleibt nur der Horizont - als Strich zwischen Boden und Himmel."

Dann beginnt der Sportler zu schwärmen, von den "unglaublichen Sonnenuntergängen" und "traumschönen Lichtstimmungen". "Richtig Begeisterung löste ein Haloring aus, der sich um die Sonne gelegt hat. Das war fabelhaft." Auch die Momente, in den sich ein "Farbspektrum am Himmel abzeichnete, das sah aus wie das Tor zu einer anderen Welt", haben den Wichlinghauser beeindruckt.

Diese Naturspektakel erlebten Hülle und sein Expeditionsgefährte, der 41-jährige Berliner Jerome Blösser, bei Temperaturen von minus 30 Grad Celsius. Von Ende April bis Ende Mai waren die beiden 30 Tage unterwegs und legten 555 Kilometer zurück. Wichtigste Accessoires waren Kompass und GPS, "ohne die geht gar nichts".

"Wir dachten, wir würden die Tour in 25 Tagen schaffen." Aber unbegehbare, zerfurchte Schneeoberflächen und Sturm in Windstärke zehn setzten sie beiden sogar zwei Tage fest. "Zur Abwechslung gab’s Musik vom MP3-Player und Jerome las aus ‚34 Tage, 33 Nächte’ vor", erinnert sich Martin Hülle. "Das Gefühl ‚ich habe keine Lust mehr’ gab es nie."

Bei einer solchen Tour bleibt abgesehen von witterungsbedingten Pausen nichts dem Zufall überlassen. Ebenso akribisch wie die Vorbereitung ist jeder Tag strukturiert. "Aufstehen um 7 Uhr. Dann neben sich greifen, etwas Schnee in den Topf fallen lassen und frühstücken." Die Notdurft wird bei eisiger Kälte draußen verrichtet, die Zähne mit geschmolzenem Wasser geputzt und der Rest des Körpers mit Babyfeuchttüchern gesäubert. "Ja, man stinkt ab. Aber das wird erst schlimm, wenn man in die Wärme zurück kehrt", grinst Martin Hülle. Mit ihren Schlitten, auf denen Trekking-Mahlzeiten ("alle drei Tage gab es luxuriöserweise eine Tüte Chips"), Geschirr und das Zelt verstaut waren, im Schlepptau, zogen die beiden weiter. Durch das unendliche weiße Nichts.

Noch zu Schulzeiten begann Martin Hülle 17-jährig Touren durch Skandinavien zu unternehmen. "Bevorzugt im Winter. Grönland zu entdecken, ist die logische Konsequenz." Vergnügt gönnt sich der Wuppertaler jetzt eine Pause. Und freut sich auf die nächste Reise: Von Mitte September bis Weihnachten wollen Hülle und Blösser in die Sahara aufbrechen. "Das wird spannend." Vor allem freut er sich auf die "tausend Sandfarben". Hülle freut sich auf die Ähnlichkeiten.

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