Feiernde Fußballfans legten den Verkehr lahm

Auf der Bundesallee ging nichts mehr. WSW-Busse standen oder fuhren einfach in ihre Depots.

Wuppertal. Montagnacht, 23 Uhr am Döppersberg - nichts geht mehr. Einige hundert Fans blockieren die Kreuzung zur Morianstraße, hüpfen, schwingen Fahnen, grölen ihr "Super-Deutschlaaand" durch die Nacht. Auf allen Spuren staut sich der Verkehr - Autos, meist hupend voller fahnenschwenkender Fans, und Busse. Ein Mannschaftswagen der Polizei rollt mit Blaulicht und Martinshorn auf die Menge zu.

"Machen Sie die Kreuzung frei", plärrt es aus den Lautsprechern der Ordnungshüter. "Grün-weißer Partybus, schalalalala", schallt es höhnisch von den Fans zurück. Das Chaos ist perfekt.

Mit ihrer spontanen Feierstunde mitten auf der Kreuzung brachten die Fans zwischen 23 Uhr und 0.30 Uhr den Verkehr auf der Talachse und rund um den Döppersberg zeitweise völlig zum Erliegen. Fast hilflos mutete es an, wie die Polizei immer wieder versuchte, mit Lautsprecher-Appellen die mehrheitlich alkoholisierten Massen zur Freigabe der Kreuzung zu bewegen. Erst gegen Mitternacht schafften es die Beamten, mit erhöhter Mannschaftsstärke einzelne Fahrspuren zumindest für den Autoverkehr frei zu machen.

Das Nachsehen hatten die Busse, die den Busbahnhof an der Bundesallee anfahren wollten - und dutzende Fahrgäste, die dort auf sie warteten: Die Busspuren und die Zufahrt zu den Bussteigen blieben bis zuletzt blockiert.

"Warum machen die denn keine Gasse für die Busse frei?", rief ein verärgerter Passant einem einsamen WSW-Mitarbeiter zu. Die achselzuckende Antwort: "Daran haben die kein Interesse, ich hab nachgefragt."

Wer am Döppersberg nach dem Deutschland-Spiel einen Bus bekommen wollte, stand somit auf verlorenem Posten. Anrufe bei der Stau-Hotline des Unternehmens brachten immer nur den Hinweis ein: "Die Busse kommen, warten Sie." Durchsagen oder Informationen für die Wartenden an den Haltestellen vor Ort: Fehlanzeige.

Umso unglaublicher waren für die Fahrgäste dann die Ereignisse, die sich nach Mitternacht am Busbahnhof abspielten: Auch nachdem die Polizei die Kreuzung leidlich geräumt hatte, blieben die Bussteige abgeriegelt. Die auf den Straßen rund um die Kreuzung wartenden WSW-Wagen aber, die plötzlich wieder freie Fahrt hatten, schalteten nach und nach ihre Linien-Anzeige ab und fuhren einfach davon.

Nur einige wenige Wagen, wie die der Linien 622 und 607, nahmen noch an der Straßenecke ein paar Fahrgäste auf - die rechtzeitig geschaltet hatten und herbeigerannt waren. Gegen 0.30 Uhr war kein Bus mehr am Döppersberg zu sehen. Ein letzter Anruf bei der WSW-Hotline. Durchsage: "Die Busse stehen im Stau, warten Sie einfach."

Der Stau um die Kreuzung war da längst aufgelöst, die Ordnungshüter traten langsam den Rückzug an. Auch die letzten Fans verließen, heiser gegrölt, die Kreuzung. Unter ihnen ein massiger Mann mit kahlrasiertem Schädel, der in den vergangenen anderthalb Stunden eifrig seine Reichskriegsflagge, den Hakenkreuz-Ersatz der Rechtsradikalen, zum Zeichen des nationalen Triumphes geschwenkt hatte. Direkt vor den Augen der Polizeibeamten. Gehindert hatte ihn niemand. Fan-Freude hat auch ihre hässlichen Seiten, nachts, halb eins in Elberfeld.

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