Sterbebegleitung als Ehrenamt

Seit 1992 existiert die Hospizbewegung in Kaarst. Sie hilft Sterbenden und deren Angehörigen.

Sterbebegleitung als Ehrenamt
Foto: Woitschützke

Kaarst. Bis zu 85 Personen werden jährlich häuslich von der Hospizbewegung Kaarst bis zu ihrem Tode begleitet — überwiegend sind sie zwischen 50 und 65 Jahre alt. Die zwei weiteren Säulen der Hospizbewegung, die seit 1992 existiert: Koordination des palliativmedizinischen Netzwerkes im Rhein-Kreis Neuss und die Begleitung von Trauernden und Hinterbliebenen in Gruppen- und Einzelgesprächen. Diese werden von Andrea Lißke, Geschäftsführerin und Koordinatorin der Hospizbewegung, und ihrer Kollegin Isabel Kühn geführt. Möglich wäre diese Arbeit nicht ohne eine weitere Säule: das Engagement der rund 45 Ehrenamtler.

Eine von ihnen ist Hildegard Kohls. Zuletzt hat die 55-Jährige anderthalb Jahre eine alte Dame begleitet. Sie hat sie jede Woche besucht, einfach das getan, was gerade anstand: Erinnerungen aus der Kinder- und Jugendzeit gelauscht, ihre Hand gehalten, viel über die Neusser Geschichte gelernt. Auch als die Frau später im Heim betreut werden musste, blieb sie ihrem Engagement treu — bis zum Tod ihres Schützlings. „Es war eine sehr bereichernde Zeit“, erinnert sich Kohls. „Wir konnten Erfahrungen teilen und ich habe viel für mich persönlich mitgenommen“, erzählt sie. Das Fundament, das Kohls trägt: ihr christlicher Glaube. „Und ich kann gut mit dem Sterben umgehen“, ergänzt sie.

Im elften Jahr ist sie mittlerweile in diesem Amt tätig — sie erinnert sich an jeden einzelnen, den sie betreut hat. Die gelernte Bankkauffrau, die heute als Betreuungsassistentin für Senioren mit geistiger Behinderung arbeitet, erlebte nach dem Suizid eines Bekannten die gute Unterstützung durch die Hospizbewegung — das ermunterte sie, selbst dort aktiv zu werden. Der Vorteil: Sie kann ihren Einsatz flexibel gestalten. Meistens geht sie einmal wöchentlich zu der betroffenen Familie und bleibt zwei Stunden, benötigt diese mehr Einsatz, kommt ein weiterer Helfer hinzu. „Manchmal besuche ich den Menschen nur ein paar Mal, bis er verstirbt, dann wieder über einen längeren Zeitraum“, so Kohls.

Unter Umständen gilt es schwierige Familienverhältnisse auszuhalten. Und eine Begleitung alleine zu Hause ohne auf ein Team wie ein ein Heim oder Krankenhaus zurückgreifen zu können, ist noch einmal etwas anderes. Ein überraschender Effekt der Begleitung: Das eigene Leben werde wieder sehr intensiv erfahren — eine neue Lebendigkeit trotz eines nahenden Todes mache sich breit, erzählt Hildegard Kohls.

Wichtig ist, dass die Chemie stimmt, denn der Ehrenamtliche ist grundsätzlich in erster Linie für den Sterbenden da und nicht für die Angehörigen, auch wenn diese durch die Hilfe entlastet werden. So erläutert es Andrea Lißke. „Wir sprechen jeden Einsatz genau ab und überlegen, wen wir schicken können.“

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