Ibrahim Bozkir — der letzte Händler in den Büchel-Arkaden

Der Inhaber eines Schuh- und Schlüsseldienstes hofft auf den Einzug neuer Nachbarn.

Neuss. Manchmal sitzt Ibrahim Bozkir vor seinem Laden und schaut die Passage hinunter. Manchmal ist er aber auch einfach hinter seiner Ladentheke und schaut, was sonst noch zu tun ist in seinem Schuh- und Schlüsseldienst. Wenn er das Radio ausschaltet, dann hört man die Lüftung rauschen. Und der Flur wirft ein Echo zurück, wenn Bozkir mit seiner kräftigen Stimme von seinem Geschäft spricht. Es läuft nicht sehr gut. Eigentlich läuft es gar nicht. Er macht die Kasse auf und zieht die Abrechnungen der Vortage heraus. Dienstag 70 Euro Umsatz. Montag 150 Euro. An guten Tagen sind es 200 Euro.

Zahlen eines Geschäfts, mitten in der Neusser Innenstadt. Es hat nur den Nachteil, dass es in der wohl einsamsten Einkaufspassage der Welt liegt: den Büchel-Arkaden. Bozkir ist mit seinem Schlüsseldienst seit Jahren der einzige Gewerbetreibende in der Passage. Seit 1998 ist er selbstständig. „Seit zwei Jahren warte ich jetzt, dass es besser wird“, sagt er. Er macht Umsatz nur noch mit der Stammkundschaft. Laufkundschaft gibt es kaum.

Eine Frau huscht durch die verwaiste Ladenzeile. „Ich gehe hier durch, weil ich hier durch muss“, erklärt Katharina Geller ihre Abkürzung durch die Arkaden. „Früher war das so schön hier. Es gab so nette Geschäfte, ich war oft da“, sagt sie. „Die müssen sich hier mal was einfallen lassen.“ Das findet Bozkir auch, der mit seinem Geschäft mittlerweile die finanziellen Reserven aufgezehrt hat. „Selbst wenn meine Kunden sich freuen und mich loben: ,Tapfer gehalten!’ So kann ich nicht weitermachen“, sagt der 53-Jährige, Vater dreier Kinder.

So soll es auch nicht weitergehen, hofft zumindest Jürgen Cleve, der als Makler Interessenten für den Besitzer der schwierigen Immobilie auftreiben soll — und damit nach eigenen Angaben zuletzt sogar Erfolg hatte. In Kürze sollen ein Wäsche-Dienstleister und ein Kosmetiker einziehen. Entsprechende Mietverträge seien bereits nach München zum Eigentümer Eagle 18 Immobilien-Verwaltungs GmbH unterwegs. Er hatte sogar vier Interessenten unterschriftsreif, doch die sprangen wieder ab, weil die Verträge nur mit einer kurzen Laufzeit vergeben werden sollen. „Die Vermieterseite plant, nur noch Mietverträge mit einem kurzen Zeitraum einzugehen“, sagt Cleve. „Das erschwert meine Vermietungsbemühungen, da Mieter in der Regel mindestens drei Jahre mieten möchten.“ Cleve ist überzeugt: „Wenn ich längerfristige Mietverträge anbieten könnte, dann wären die Büchel-Arkaden im nächsten Jahr zum Großteil vermietet.“

Daran scheiterte auch die Vermietung an ein Reisebüro, auf das sich Bozkir so gefreut hatte. Lange hing im Ladenlokal gegenüber der Vermerk „vermietet“. Am Dienstag wurde der Zettel wieder entfernt. So bleiben die meisten Schaufenster in der Passage leer oder verziert mit Plakaten der Aktionswoche zum Thema Online-Einkauf von vor einem Jahr. Ibrahim Bozkir macht das traurig. „Aber auch, wenn ich nur 50 Euro Umsatz hatte“, sagt er, „wenn ich nach Hause komme und meine vierjährige Tochter sehe, sind alle Probleme vergessen.“

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