Freizeit in der Zwar-Gruppe: Keine Zeit mehr für den Arzttermin

Nach Lank und Büderich soll jetzt in Osterath eine Zwar-Gruppe gegründet werden.

Meerbusch. Zuerst dominierte bei Inge Brusis die Skepsis. „Was mögen das wohl für Leute sein?“, fragte die Rentnerin sich insgeheim. Als sie dann im Februar erstmals ein Treffen der Zwar-Gruppe in Lank besuchte, war sie erstaunt und überfordert zugleich. „Oh Gott, so viele Angebote, wie soll man denn da eine Auswahl treffen?“ Nachdem sie schnell gelernt hatte, auszusieben, sind ihre Fragen jetzt ganz anderer Natur: „Mein Terminkalender ist so voll mit Freizeitaktivitäten, wann soll jetzt ich überhaupt noch zum Arzt gehen?“, beschreibt die 67-Jährige amüsiert eine Zwickmühle der angenehmeren Art.

Im vergangenen Jahr haben sich in Büderich und Lank die ersten beiden Zwar-Netzwerke („Zwischen Arbeit und Ruhestand“) gegründet, in denen Menschen ab 50 Jahren ungezwungen gemeinsame Aktivitäten planen und durchführen können. Jetzt soll Osterath nachziehen. Am kommenden Mittwoch findet in der Realschule das erste Treffen statt (18 Uhr).

Inge Brusis kann nur das Allerbeste über ihre Zwar-Erfahrungen berichten. „Wir unternehmen nicht nur viel, es haben sich auch echte Freundschaften gebildet. Der soziale Kontakt steht im Vordergrund.“ Die „aktiven Unruheständler“, wie Koordinatorin Gabi Pricken (Awo) ihre Schützlinge gerne nennt, treffen sich alle 14 Tage, um neue Ideen einzubringen, Ausflüge zu planen oder auch schon mal Lösungen für persönliche Probleme zu diskutieren. Die Teilnehmerzahl liegt zwischen 20 und 30 Personen. Frauen dominieren, es kommen neben „Quoten-Singles“ aber auch Paare.

„Wir bilden uns weiter, haben einen Literaturkreis gegründet, einen Französischkurs initiiert oder uns Referenten zu Themen wie Politik oder Gesundheit eingeladen“, nennt Inge Brusis Beispiele. Es wird aber auch gewandert, Rad gefahren, Karten gespielt oder einfach nur gemeinsam Kaffee getrunken.

„Wir versuchen immer, Kosten zu minimieren, so dass auch Mitglieder teilnehmen können, die über nicht so viel Rente verfügen“, betont Brusis. Rund ein Drittel der Netzwerker gehe jedoch ohnehin noch einer geregelten Arbeit nach.

Aus den Netzwerken in Büderich und Lank wird sich Gabi Pricken jetzt zunehmend zurückziehen, sie kann sich daher auf Osterath konzentrieren. „Die Gruppen haben sich weitgehend abgenabelt und funktionieren eigenständig. Meine Aufgabe in Osterath wird es nun sein, die Gesprächsatmosphäre zu strukturieren. Die Leute kennen sich ja zumeist nicht, da kann eine Moderatorin zu Beginn hilfreich sein.“

„Ohne die Teilnehmer hin und wieder mit der Glocke zur Räson zu rufen, funktioniert das manchmal wirklich nicht“, bestätigt Inge Brusis. „Jeder geht mit bestimmten Ideen in so ein Treffen rein und will diese dann auch loswerden. Die anfängliche Hemmschwelle ist dabei erstaunlich schnell abgebaut“, erzählt die ehemalige kaufmännische Angestellte aus eigener Erfahrung.

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