Wackerbarth-Gruppe besucht Jugendliche in JVA

Mitarbeiter der Wackerbarth-Gruppe besuchen Jugendliche in der JVA Iserlohn.

Dormagen. Weil drei Jungen aus ihrer Gruppe im offenen Vollzug im August geflohen waren, ging es auch für die anderen drei Jugendlichen aus dem Modellprojekt des Raphaelshauses zurück ins Gefängnis. Seit Ende September sitzen sie wieder in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Iserlohn.

Laut Hans Scholten, Leiter des Raphaelshauses, sind dies ausgerechnet die Jungs, die mit großem Engagement ihre Chance in der Horst-Wackerbarth-Gruppe genutzt haben, um sich auf ein verantwortliches Leben in Freiheit vorzubereiten.

Soweit man dies nach knapp drei Monaten und mit Blick auf das jugendliche Alter beurteilen könne, hätten die Fachkräfte im Jugendhilfezentrum eine positive Bilanz mit einer hoffnungsvollen Prognose gezogen. Die Jugendlichen seien bestürzt, teils verzweifelt und sehr deprimiert gewesen, als sie erfuhren, dass sie auf Geheiß des Ministeriums in die JVA Iserlohn verlegt werden.

Zwischen der Vollzugsanstalt und dem Raphaelshaus entstand inzwischen eine Kooperation, die den Fachkräften aus Dormagen die weitere Betreuung in Iserlohn ermöglicht. Damit soll ein weiterer Beziehungsabbruch im Leben der Jugendlichen verhindert werden.

Diese Betreuung wird vom Namenspatron der Gruppe, dem Düsseldorfer Künstler Horst Wackerbarth, unterstützt. Er bewies seine Loyalität zu „seiner“ Gruppe, indem er in Iserlohn ein Kunstprojekt durchführte. Zwei Jugendliche waren bereit, sich auf der „Roten Couch“ einem Video-Interview von Horst Wackerbarth zu stellen.

Unsere Redaktion veröffentlicht Auszüge des Interviews von Horst Wackerbarth mit einem der Jugendlichen:

Wackerbarth: Wie heißt Du?

D.: Ich bin D., bin 15 Jahre alt und komme aus dem Ruhrgebiet.

Wackerbarth: Was für einen Unterschied erlebst Du hier in der JVA zu Deinem Leben im Raphaelshaus?

D.: Im Gegensatz zu Iserlohn ist das Raphaelshaus eine komplett andere Welt. Ich finde, das kann man gar nicht miteinander vergleichen. Da hat man auf jeden Fall eine Chance, sich weiterzuentwickeln und sein Leben anders zu gestalten. Da wird sich auch mehr um einen gekümmert.

Wackerbarth: Wie kamst Du ins Raphaelshaus?

D.: Ich wurde in Wuppertal von meiner Sozial-Betreuerin angesprochen. Sie hat mir das Haus vorgestellt und mir alles erklärt. Am Anfang war es zwar schwierig, mich an den ganzen Ablauf mit den Regeln und dem kompletten Konzept zu gewöhnen, aber nach der Zeit war es super. Als das Projekt beendet wurde, war es schon komisch, wieder hinter Gitter zu kommen. Die Fortschritte, die man gemacht hat, gehen wieder weg. Jetzt ist man wieder mit älteren Bekannten zusammen aus einem ganz anderen Umfeld.

Wackerbarth: Welche Eigenschaften hast Du?

D.:Ich kann auf jeden Fall freundlich sein, gut zuhören und auf Leute eingehen. Das sind meine positiven Seiten. Und das Negative ist meine kriminelle Vergangenheit. Ich hab eine Zeit lang Drogen verkauft und bin eingebrochen.

Wackerbarth: Wie kam es zur Verurteilung und zum Vollzug?

D.: Ich kam am 19. April in Untersuchungshaft, auch wegen Einbruchdiebstahls. Eine Woche später habe ich meine erste Verurteilung mit einem Jahr und drei Monaten bekommen. Dann habe ich noch einmal ein Jahr drauf bekommen. Also hatte ich insgesamt zwei Jahre und drei Monate. Davon habe ich jetzt sieben Monate abgesessen.

Wackerbarth: Wo willst Du den Rest Deiner Strafe absitzen?

D.: Ich würde meine Zeit auf jeden Fall lieber im Raphaelshaus absitzen. Man kriegt seine Fehler aufgezeigt, nicht so wie im Knast, wo einem einfach der Strom ausgemacht wird.

Wackerbarth: Was macht für Dich das Leben lebenswert?

D.: Dass ich eine Familie habe, die hinter mir steht. Dass ich einen vernünftigen Beruf erlernen werde und auch hoffentlich gutes Geld verdiene.

Wackerbarth: Warum sind die andern abgehauen?

D.: Ich glaube, das war teilweise eine Kurzschlussreaktion, aber auch die Verlockung, frei zu sein. Ich hoffe, dass das alles wieder gerade gebogen wird.

Wackerbarth: Was verbindest Du mit dem Raphaelshaus?

D.: Ehrlich gesagt, außer meiner Familie hat sich, glaube ich, keiner so stark für mich eingesetzt.

Wackerbarth: Was für einen Wunsch hast Du?

D.: Wieder zu Hause zu sein.

Wackerbarth: Wie möchtest Du Dich, wenn Du es könntest, verändern?

D.: Da habe ich mir, ehrlich gesagt, noch keine Gedanken drüber gemacht. Ich bin eigentlich froh, dass ich „Ich“ geworden bin. Ich möchte am liebsten ich selbst sein.

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