Kita-Streik: Nur ein Drittel der Kinder wird betreut

Die Notangebote werden von vielen Eltern dankbar angenommen, doch der Platz reicht nicht aus.

Kita-Streik: Nur ein Drittel der Kinder wird betreut
Foto: Busch

Viersen. In der Kita Gehlingsweg in Viersen-Süchteln ist momentan wenig los: Die großen, hellen Räume sind fast leer, nur wenige Kinderstimmen schallen durch das Gebäude und an den meisten der bunten Garderobenhaken hängt keine Jacke. „Es ist so ungewöhnlich still hier“, sagt Birgit Bialas, die stellvertretende Leiterin der Betreuungseinrichtung.

Seit Anfang Mai befinden sich die Erzieherinnen öffentlicher Kindertagesstätten im Streik. So auch einige der Süchtelner Kita: Anstatt neun Erzieherinnen gehen momentan lediglich vier Pädagoginnen ihrer Arbeit nach. Das Betreuungsangebot ist folglich stark eingeschränkt, anstatt der normalerweise 67 Kinder werden in der sogenannten Notgruppe derzeit nur 20 Kinder beaufsichtigt. „Die Eltern, die die Betreuung am dringendsten benötigen, da beispielsweise Oma und Opa nicht in der Nähe wohnen, haben die Notplätze bekommen“, erklärt Bialas. Anstatt bis 16.30 Uhr werden die Kinder in der Notgruppe allerdings nur bis 13.30 Uhr betreut.

Für die Kinder würden sich durch die eingeschränkte Betreuung keinerlei Nachteile ergeben, so die Erzieherin. „Trotz der fehlenden Kräfte wird das komplette pädagogische Programm geboten.“ Dies bedeutet, dass alle Funktionsbereiche — Wissen, Atelier, Rollenspiel und Baubereich — von den Kindern genutzt werden könnten. Zudem stünden Frühstück und Mittagessen pünktlich auf dem Tisch.

Wolfgang Timons, Leiter der Abteilung Kinderbetreuung der Stadt Viersen

Auch was die sozialen Bindungen innerhalb der Gruppen betrifft, gibt es in der Notgruppe laut Bialas keinerlei Probleme: „Es gibt sonst zwar Stammgruppen, aber durch die verschiedenen Funktionsbereiche kann jedes Kind jeden Tag neu entscheiden, wo es spielen möchte.“ „Wir sind froh, dass wir den Eltern diese Notgruppe anbieten können“, sagt Wolfgang Timons, Leiter der Abteilung Kinderbetreuung der Verwaltung. Denn dieses Angebot gebe es nicht bei allen Kitas in der Stadt. „Drei der zwölf Kitas werden komplett bestreikt“, so Timons. Fast alle Eltern, deren Kinder die Kita Gehlingsweg besuchen, unterstützen den Ausstand der Erziehrinnen. „Sie zeigen sehr viel Verständnis“, sagt Bialas. Auch Sabrina Mühlen aus Süchteln gehört dazu. „Ich stehe voll dahinter“, sagt sie. „Es muss sich etwas verändern.“

Da Mühlen und ihr Mann beide berufstätig sind, besucht der fünfjährige Sohn Björn derzeit die Notgruppe. Und nicht nur das: Um an einigen Nachmittagen länger arbeiten zu können, unterstützen die betroffenen Eltern sich privat untereinander. „An einem Tag nehme ich einen Freund meines Sohnes mit nach Hause, an einem anderen verbringt mein Sohn den Nachmittag bei seinem Freund zu Hause“, so Mühlen. Obwohl Mühlen den Erzieherinnen keinen Vorwurf macht, hofft sie, dass der Ausstand bald beendet wird. Doch ein Ende ist vorerst nicht in Sicht. Um den Eltern entgegenzukommen, versucht die Kita Gehlingsweg, das Betreuungsangebot ab der nächsten Woche etwas auszuweiten.

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