„Setzen bewusst auf niedrige Gewerbesteuer“

Nettetals Bürgermeister Christian Wagner spricht über die Dinge, die er im Jahr 2017 realisieren möchte.,

Die Stadt prüft, sich selbst um die Vermarktung des Venete-Areals zu kümmern. Was erhoffen Sie sich davon?

Christian Wagner: In einer gebündelten, eigenen Verantwortung erhoffen wir uns, dass wir doch vielleicht erfolgreicher sind als bislang und an Interessenten herantreten können. Wir führen zurzeit Gespräche mit der Wirtschaftsförderung des Kreises. Unser Ziel ist es, die bisherige Vereinbarung einvernehmlich aufzuheben.

Wer soll sich dann um die Vermarktung kümmern?

Wagner: Wir haben seit einigen Jahren den Bereich Wirtschaft und Marketing sowie Untenrehmensservice. Wir würden überlegen, eine Organisationseinheit einzurichten, die für den Vertrieb zuständig ist; das soll niemand aus der Verwaltung sein. Wir stellen uns jemanden vor, der im Vertrieb war und „draußen“ aktiv ist. Organisatorisch wäre das Projekt Venete — wenn der Rat zustimmt — an die Wirtschaftsförderung angebunden. Herr Sagel wird Ende des Jahres in den Ruhestand gehen. Sein Nachfolger und ich würden uns um die Steuerung kümmern.

Welche finanziellen Konsequenzen hätte die Übernahme von Venete für die Stadt?

Wagner: Der Kreis hat sämtliche Aufwendungen getragen; das wird zurzeit genau aufgelistet. dazu gehören Kaufpreise, Zinsen. Die Stadt müsste die Kosten ersetzen können. Im Haushalt ist dafür eine Kreditermächtigung in Höhe von 15 Millionen vorgesehen. Auch wenn die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises das Projekt bisher für uns gemanagt hat, lagt das Risiko doch zu 75 Prozent bei uns. Wenn wir Venete übernehmen, sehe ich darin keine gravierende Risikoverlagerung.

Wann könnte dies geschehen?

Wagner: Im ersten Quartal, zur Ratssitzung im April, hoffe ich, das wir die Fäden gebündelt haben.

Gibt es denn einen neuen Interessenten für die Flüche?

Wagner: Zurzeit nicht. Angesiedelt hat sich eine Tankstelle, im Jahr 2018 wird der Kreis dort sein Logistik- und Verwertungszentrum eröffnen.

Wäre der Bad-Onlinehändler Reuter, der sich in Viersen-Mackenstein ansiedeln wollte und jetzt nach Bedburg in den Rhein-Erft-Kreis abgewandert ist , da nicht eine gute Option für Venete gewesen?

Wagner: Auch ich war mit Herrn Reuter im Gespräch, allerdings nur solange, bis es die Zustimmung zum ersten Bebauungsplan in Viersen gegeben hat. Das, was Herr Reuter jetzt in Bedburg plant — einschließlich der Optionen zur Erweiterung —, das hätten wir ihm auch mit Venete nicht bieten können.

Statt die Gewerbesteuer zu erhöhen, hat die Politik dem Vorschlag für eine höhere Grundsteuer B zugestimmt. Hilft das bei der Suche nach neuen Investoren?

Wagner: Eine höhere Gewerbeteuer wäre eine Abschreckung gewesen. Im IHK-Bezirk Mittlerer Niederrhein, zu dem neben dem Kreis Viersen auch die Städte Neuss, Mönchengladbach und Krefeld gehören, hat die Stadt Nettetal die niedrigste Gewerbesteuer. Das hat sich zufällig ergeben — alle anderen Kommunen haben den Satz inzwischen erhöht und sind an uns vorbeigezogen. Jetzt setzen wir bewusst auf den niedrigen Gewerbesteuersatz.

Die Stadt braucht dringend neue Kita-Plätze. Werden die geplanten Investitionen auch langfristig ausreichen?

Wagner: Die Stadt Nettetal hat im Jahr 2012 selbst die die Trägerschaft für die Jugendhilfe übernommen; seitdem reicht die Kindergartenbedarfsplanung dezidiert bis in die einzelnen Stadtteile. Den aktuellen Bedarf an Betreuungsplätzen können wir decken. Aber wir wissen, dass wir weiteren Handlungsbedarf haben werden. Mit den Ausbauten in Breyell, Schaag und Hinsbeck können wir eine gute Betreuungsquote erreichen. Über Erweiterungen können wir auch den Bedarf in Leuth und Kaldenkirchen stärken, auch dort gibt es noch weiteren Handlungsbedarf.

Wo sehen Sie die größte Herausforderung in diesem Jahr für Nettetal?

Wagner: Es reicht nicht, von einer Herausforderung zu sprechen. Ich sehe vielmehr unterschiedliche Bereiche. So sollte das Stadtentwicklungskonzept weiter konkret umgesetzt werden. Weiterhin wichtig sind die. Entwicklung und Vermarktung von Baugebieten. Denn nur eine wachsende Stadt hat auch Zukunft. Dazu gehört auch Wirtschaftswachstum. Wir wollen den Turnaround in Venete schaffen. Es ist ebenfalls wichtig, dass die Stimmung positiv wird. Zu unserem Verständnis als Seenstadt mit mehr Erlebbarkeit gehören Gemeinsamkeit und kulturelle Identität. Gerade für den Bereich Kultur wäre es wichtig, wenn wir die Baumaßnahme für die Werner-Jaeger-Halle auf den Weg bekämen. Als Bürgermeister sehe ich es auch als Herausforderung an, die Menschen, die neu zu uns gekommen sind, in die Gemeinhaft einladen. Die, die eine Bleibeperspektive haben, sollten sich stärker in Stadt einbringen können.

Christian Wagner über den Betrieb des Güterterminals in Kaldenkirchen

Positive Stimmung für die Wirtschaft: Welche Bedeutung messen Sie Hans Cabooter und dem Betrieb des Güterterminals in Kaldenkirchen bei?

Wagner: Wirtschaft ist auch Stimmung. In Kaldenkirchen kann man jetzt sagen „Da läuft was“. Das kommt bei Bürgern und Unternehmen gut an. Endlich tut sich dort etwas. Cabooter ist wie eine gute Pflanze, die weiter wachsen muss. Der Start dort ist ein gutes Zeichen. Ein weiterer Ausbau wäre ein gutes Zeichen; dieser muss aber zu den Rahmenbedingungen passen.

Unter welchen Voraussetzungen würden Sie am 31. Dezember 2017 sagen: „Das war ein gutes Jahr“?

Wagner: Wenn wir die Werner-Jaeger-Halle und Venete nach vorn gebracht haben. Und wenn wir die neuen Wohnprojekte, die es in fast jedem Stadtteil gibt, entwickelt haben. Auch wenn das wegen der Verdichtung in Kaldenkirchen nicht einfach wird. Aber auch dort wollen wir die vorhandenen Möglichkeiten nutzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort