Kempen: Hans im Glück beim Ferienspaß

Der Jugendtreff Campus hat Kindern beim Tauschspiel nicht nur Kapitalismus erklärt.

Kempen. Vor zwei Jahren sorgte ein Kanadier für Furore, als er sich ein Haus ertauschte. Sein Einsatz: eine Büroklammer. Ganz so weit haben es die Kinder, die bei der Ferienbetreuung das Kartoffeltauschspiel mitgemacht haben, nicht gebracht. Aber auch sie haben nach ihrer Runde durch die Fußgängerzone eine ansehnliche Menge. Ihr Kapital waren acht Kartoffeln, die bei den Einzelhändlern in der Innenstadt in Wertvolles umgesetzt werden sollten.

"Guck mal, ich hab ein Handy", sagt Thomas stolz. Gut, es ist nicht echt. Genauer gesagt: "Das ist Schrott", relativiert Roberto. Aber die Anschauungsgeräte, die die Kempener Handyläden ausrangiert haben, kommen bei den Sechs- bis Zehnjährigen prima an. "Damit kann ich meine Mutter verarschen", bringt Thomas ihren Nutzen auf den Punkt.

Und so verfolgen die Kinder zu Beginn ihres Spiels nur ein Ziel: Alle Handyläden in der Fußgängerzone abklappern. Die Händler sind spendabel: Bereits nach knapp einer halben Stunde hat jedes Kind sein eigenes Mobiltelefon. Und im Jute-Beutel, den Betreuer Sebastian Franke trägt, häufen sich die Werbegeschenke, vor allem Fruchtgummis, Schlüsselbänder und Regenponchos.

Bevor die Gruppe ein Geschäft betritt, wird unterein-ander ausgehandelt, was getauscht wird, und wer das Anliegen vortragen muss. "Ich sag’s mal so, ein O2-Schlüsselband kommt hier sicher nicht gut", warnt Franke, als die Kinder den e-plus-Laden stürmen wollen. Während draußen alle wild durchein-ander rufen, sind die Jungen in den Geschäften erstaunlich schüchtern.

Gespannte Stille, nur das Knistern der Gummibärchentüten, die nun gegen andere Kostbarkeiten gewechselt werden sollen, ist zu hören. Dann spricht ein Verkäufer die Kinder an. Mit zarter Stimme bietet Max Süßigkeiten an und fragt nach Tausch-material. Mit einem Berg neuer Schlüsselbänder und Käppis verlassen die kleinen Kapitalisten wieder den Laden und freuen sich lauthals über den gelungenen Tausch.

"Das ist auch ein Ziel des Spiels", sagt Franke, "dass die Kinder selbstständig agieren und auch die Wertigkeit von Artikeln kennenlernen." Sandra Müller vom Campus: "Es geht um Höflichkeit, netten Umgang, die Ansprache, und dass die Kinder ihre Scheu abbauen und beispielsweise in Notsituationen auch Fremde ansprechen können."

Inzwischen haben die Jungen schon das Schuh- und Sportgeschäft Krahn betreten und Handy-Taschen abgestaubt. Bei manchen Läden gucken sie allerdings in die Röhre - vor allem wenn die anderen drei Gruppen ihnen zuvor gekommen waren. Im Kino gibt’s noch saure Apfelringe als Wegzehrung, die die hungrigen Kinder sofort im Foyer verputzen.

Nach zwei Stunden wird die Beute aufgeteilt: Teddy-Reflektoren, Bunstifte, eine Sonneblende für’s Auto, Spielkarten und noch viel mehr Naschwerk sind hinzugekommen und werden sogar an die anderen Gruppen abgegeben. Nur ihre Handys haben alle behalten.

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