Der Kämmerer war dann mal weg

Hans-Josef Aengenendt war fünf Wochen auf dem Jakobsweg in Nordspanien unterwegs.

Der Kämmerer war dann mal weg
Foto: WZ-Archiv

Kempen. „Ich bin dann mal weg.“ Seit dem gleichnamigen Bestseller von Hape Kerkeling ist dieser Satz zum allseits bekannten Synonym für eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg geworden. Auf den Spuren des Komikers und tausender anderer Pilger hat sich auch Kempens Kämmerer Hans-Josef Aengenendt auf diese ungewöhnliche Reise zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela begeben: im Schnitt 30 Kilometer am Tag, fünf Wochen unterwegs, einen 14 Kilogramm schweren Rucksack auf den Schultern.

Der Kämmerer war dann mal weg
Foto: privat

Den Plan, das umzusetzen, hatte Aengenendt schon einige Jahre mit sich herumgetragen. Nachdem er den Vortrag von zwei Frauen über ihren Pilgerweg gehört hatte, wusste er: „Wenn die das schaffen, schaffe ich das auch.“

„Ein tolles Erlebnis, ich bin sehr froh, dass ich das gemacht habe und dass mein Arbeitgeber mich hat gehen lassen“, sagt Aengenendt. Im Mai und Juni gab es ein Zeitfenster, um die Idee auch in die Tat umzusetzen. Der Kempener Haushalt war verabschiedet und alle dazugehörigen Fragen beantwortet. Auch seine Kandidatur bei der Bürgermeisterwahl — bekanntlich will Aengenendt am 13. September zum Bürgermeister von Wachtendonk gewählt werden — konnte ihn nicht abhalten.

„Mit Respekt, aber auch mit einem guten Gefühl“ sei er losgegangen, sagt Aengenendt, der auch schon einmal den Kilimandscharo erklommen hat. Neben dem religiösen Aspekt und dem Reiz der körperlichen Herausforderung war es auch die Chance, Land und Leute Spaniens kennenzulernen, die ihn gereizt habe.

Auch war ihm schnell klar, dass er allein losgehen wollte. Der 1,90 Meter große Leichtathlet hat sein eigenes Tempo — meist schneller als viele andere. Auch kann man allein die unterschiedlichen Landschaften der nordspanischen Regionen Navarra, Rioja, Kastilien und Galizien am besten genießen.

Nach einer Woche habe er seinen eigenen Rhythmus gefunden. Mit der Zeit treffe man auch unterwegs immer wieder die selben Leute. Eine Gemeinschaft entsteht. Aengenendt hatte sich bewusst dafür entschieden, in den öffentlichen Pilgerherbergen zu übernachten, auch wenn man dort auf viele Annehmlichkeiten verzichtet. Dort kann man kein Bett reservieren, man muss also schnell sein, um einen Schlafplatz zu ergattern.

Mit den andern Pilgern trifft man in diesen Herbergen zusammen, man kocht, isst oder trinkt gemeinsam, man kommt ins Gespräch. „Es sind auch viele junge Menschen unterwegs“, erzählt Aengenendt. Mit Menschen aus aller Welt, Irland, Südkorea oder Kanada, hat er sich ausgetauscht. „Jeder hat seine eigene Geschichte.“

Der Weg bietet viel Zeit, sich Gedanken zu machen. Der eigene Rucksack wird zur Heimat. „So bekommt man noch mal ein ganz anderes Verständnis für die Situation von Flüchtlingen“, so Aengenendt. Auch wenn er weiß, dass die Situation nicht vergleichbar ist, weil er selbst immer wieder an Geldautomaten, Cafés oder Supermärkte vorbeikommt — und am Ende natürlich auch wieder nach Hause kommt. Auch das Gefühl der Dankbarkeit begleitete Hans-Josef Aengenendt auf seinem Weg, dass es ihm selbst gut geht. Er hatte viel Glück, wie er im Rückblick sagt. Er hatte keine Blasen oder sonstige Schmerzen, nicht einmal Regen hat seine Wanderung erschwert.

Dann auf dem Kathedralen-Vorplatz von Santiago de Compostela anzukommen und sich nach knapp 730 Kilometern eine Urkunde, die „Compostela“, abzuholen, bedeutete ein großes Glücksgefühl. „Die Zeit ging schnell vorbei. Es war so abwechslungsreich, ich habe so viele Menschen getroffen“, sagt er. Und seine schnellen Schritte haben auch dazu beigetragen. Denn weil er eine Woche früher als geplant in Santiago angekommen war, ging er sogar noch rund 130 Kilometer weiter Richtung Atlantik: zum Kap Finisterre und nach Muxia, bevor es wieder zurück ging an den Niederrhein und dann auch wieder an den Schreibtisch im Kempener Rathaus.

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