Kommentar : Immer mehr Kinder in Quarantäne: Ist das noch verhältnismäßig?
Meinung Unsere Redakteurin erlebt es gerade selbst: Ihr Sohn steht unter Quarantäne. Was sie und ihr Kind erleben, erleben gerade immer mehr Eltern und Kinder. Und ein Absatz einer E-Mail des Gesundheitsamtes im Kreis Viersen lässt sie nicht mehr los.
Liebe Leser, derzeit finden Sie nur wenige Texte von mir in der Zeitung. Der Grund: Mein Sohn steht unter Quarantäne, weil er im Kindergarten mit einer Corona-infizierten Person Kontakt gehabt haben könnte. Und ich als betreuendes Elternteil sitze somit ebenfalls zuhause fest. Nichtmal zum Bäcker darf ich mit dem Jungen – selbst wenn er im Auto sitzen bliebe. Nichtmal die leere Straße darf er mit seinem Fahrrad einmal auf und ab fahren. So wie uns geht es aktuell vielen Familien im Kreis Viersen – und im ganzen Land. Alleine in unserer Kita ist eine hohe zweistellige Zahl an Kindern in Quarantäne. In der täglichen Corona-Meldung des Kreises tauchte unsere Einrichtung allerdings bislang nichtmal auf.
Aber einen Anruf vom Kreis-Gesundheitsamt haben wir natürlich bekommen. Und eine Email zur „angeordneten Absonderung in sogenannte häusliche Quarantäne“. Ein Absatz darin lässt mich nicht mehr los: „Die sich aus der Absonderung ergebenden Einschränkungen stehen nicht außer Verhältnis zu dem Ziel, eine Weiterverbreitung dieses Krankheitserregers in der Bevölkerung zu verhindern“, heißt es darin. Und weiter: „Mit der häuslichen Durchführung der Absonderung wird den Belangen der betroffenen Person so weit wie möglich Rechnung getragen.“ Zunächst handelt es sich bei Kindern nie um nur eine „betroffene Person“. Die gesamte Familie wird praktisch lahmgelegt. Und auch der Arbeitgeber mindestens eines Elternteils muss auf Mitarbeiter verzichten. Zum anderen setzt die versicherte Verhältnismäßigkeit unausgesprochen voraus, dass es sich um eine einmalige Ausnahmesituation handelt. Was mich und die meisten anderen Eltern besonders besorgt, ist die Tatsache, dass der gesamte Herbst und Winter erst noch bevorstehen.
Wer will uns garantieren, dass wir nun nicht alle paar Wochen zuhause festgesetzt werden. Im besten Fall noch für zwei Wochen, wenn das Kind als Kontaktperson ausgemacht wird. Infiziert sich ein Kind hingegen wirklich mit Corona, dann könnte das für die Geschwister sogar bis zu vier Wochen Isolation bedeuten, sofern sie sich nicht selbst anstecken. Was einem schon fast lieber wäre, denn dann würden die Kindern nun wenigstens ein halbes Jahr lang als „genesen“ gelten. Bei uns ist gerade einmal Halbzeit bei der Quarantäne.