30 Jahre Ärger über einen Baum vor der Grundstücksgrenze

Erst bauten Werner und Angelika Heidel ihr Haus, dann pflanzte die Stadt eine Eiche. Seit acht Jahren kämpft das Paar für die Fällung.

30 Jahre Ärger über einen Baum vor der Grundstücksgrenze
Foto: Busch

Viersen. Anderthalb Meter sind es von dem Baumstamm einer städtischen Eiche bis zum Grundstück des Ehepaars Angelika und Werner Heidel. Als die 63-Jährige und ihr sechs Jahre älterer Mann 1981 ihr Haus an der Karolingerstraße in Süchteln bauten, gab es den Baum noch nicht. „Der wurde erst sechs Jahre später gepflanzt“, sagt Werner Heidel. Einen „Planungsfehler“ nennt der Süchtelner die Eiche. „Das ist ein Waldbaum. Im Sommer beschmutzen die Ausscheidungen die parkenden Autos, dann fallen die Eicheln, im Herbst fällt jede Menge Laub.“

20 große Säcke kehrt das Ehepaar pro Herbst zusammen, auf allen Vieren sammelt der 69-Jährige die Eicheln auf seinem Grundstück auf, denn sonst entstehen schnell neue Eichen-Stecklinge. „Die Grenze des Zumutbaren ist überschritten“, sagt Heidel. Das fand er schon vor acht Jahren — und wandte sich hilfesuchend an die Stadtverwaltung. Die aber beschied stets: Das öffentliche Interesse am Erhalt des Baumes sei größer als der individuelle Ärger. In seiner Not überlegte das Ehepaar schon, das 21 Quadratmeter kleine städtische Grundstück zu kaufen, um die Eiche fällen zu können. „Das ging aber nicht, weil das Grundstück zur Verkehrsfläche gezählt wird“, berichtet Heidel. Ihren letzten Ausweg sahen die Senioren in einem Antrag an den Umweltausschuss. Seine Bitte: den Baum zu fällen und andernorts einen neuen zu pflanzen. An den Kosten würde das Paar sich beteiligen. 22 Nachbarn unterzeichneten.

Politiker von CDU, SPD und FDP schauten bei den Heidels im Garten vorbei, machten sich selbst ein Bild vom Baum, der so viel Ärger verursacht. „Das ist ein unzumutbarer Zustand“, erklärte Heinz Plöckes (SPD) jetzt im Umweltausschuss. Von einer „großen Belastung“ für die Anwohner sprach die FDP. Und Fritz Meies (CDU) forderte: „Der Baum muss gefällt werden!“

Dem widersprach die Stadtverwaltung: „Die Stadt Viersen hat sich zum Ziel gesetzt, alles zu tun, um Bäume zu erhalten und den Baumbestand nachhaltig weiter zu entwickeln“, sagte die zuständige Beigeordnete Beatrice Kamper — und verwies auf die vom Ausschuss verabschiedete Baumfibel. Rainer Kammann von der Abteilung Stadtgrün warnte vor einem Fällbeschluss: „Es gibt Hunderte oder Tausende vergleichbare Situationen in Viersen. Wenn Sie jetzt Ja sagen, fallen demnächst Tausende Bäume. Damit führen Sie unsere Arbeit ad absurdum.“ Statt den Baum zu fällen, soll er jetzt in der Schattenkrone gekürzt werden. Sechs CDU-Ausschussmitglieder stimmten dagegen.

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